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Mit Luftfiltern den Bildungslockdown verhindern

Von Peter Tappler

Gastkommentare
Peter Tappler (61) ist der führende Innenraumluft-Experte Österreichs und leitet den Arbeitskreis Innenraumluft im Klimaschutzministerium (mehr Info: www.innenraumanalytik.at/tappler/kontakt.html).
© IBO Innenraumanalytik OG

Im Kampf gegen das Coronavirus sollte man nicht auf die Technik vergessen.


Den völligen Bildungslockdown riskieren oder die noch offenen Schulen, so lange es geht, offenlassen - diese Frage wird derzeit von der Regierungsspitze abwärts emotional diskutiert. Wortmeldungen gibt’s zuhauf - zuletzt haben Architekten kritisiert, dass Schulen zu eng und damit nicht Corona-sicher gebaut sind. Die Schule, in die meine Kinder gegangen sind, wurde vor 140 Jahren gebaut, da war noch nicht einmal die Spanische Grippe ein Thema, geschweige denn Covid-19. An einen raschen Umbau ist nicht zu denken . . .

Was ich aktuell völlig vermisse, ist eine offene Debatte, wie technische Möglichkeiten im Kampf gegen den Coronavirus rasch helfen können. Maske, Händewaschen, Abstand - das haben wir alle internalisiert, sogar den Baby-Elefanten. Allein, die dramatisch steigenden Infektionszahlen zeigen, dass diese Maßnahmen mit technischen Lösungen unterstützt werden müssen. Was tun, das Land noch einmal komplett runterfahren? Studien und Cluster-Analysen zeigen, dass Corona-Infizierte, wenn sie im Flugzeug unterwegs sind, auch bei vielstündigen Flügen kaum andere Personen anstecken. Warum? Weil dort Filterluftreinigungssysteme eingesetzt werden, ähnlich wie in Spitälern oder klinisch reinen OP-Räumen. Diese Filter entfernen nachweislich mehr als 99 Prozent aller Aerosole aus der Luft. Auf Aerosolen sitzen Viren. Und da Aerosole teilweise nur einen Tausendstelmillimeter klein sind, bleiben sie lange in der Luft und können auch durch Masken dringen - und mit den Aerosolen auch die Viren. Aerosole sind damit Corona-Überträger Nummer eins.

Den besten technischen Schutz liefern Raumluftanlagen. Diese können aber nur mittelfristig und nicht sehr schnell eingebaut werden. Mobile Luftreiniger sind ein schnell verfügbarer zusätzlicher Corona-Schutz. Für Büros, Ordinationen und eben auch für Schulklassen. Die Luft in einer Schulklasse kann damit bis zu fünf Mal pro Stunde komplett gereinigt werden. Dass diese Geräte funktionieren, zeigen Studien und erfolgreiche Test in der Praxis. Ich rede nicht von schnell zusammengebauten Geräten ohne ausreichend geprüfter Wirksamkeit, sondern von Luftreinigern, die getestet und zertifiziert sind.

Wir wissen das, und trotzdem wird maschinelle Luftreinigung gerade dort nicht eingesetzt, wo sie genau jetzt sinnvoll wäre: in den Schulen. Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen investieren mehr als 100 Millionen Euro in mobile Luftreiniger für Schulklassen, die nicht gut gelüftet werden können. Warum? Weil diese Geräte nachweislich wirken! Ich sage ausdrücklich nicht, dass mobile Luftreiniger die Hygiene- und Abstandsregeln ersetzen können. Aber diese Geräte sind ein guter zusätzlicher Schutz. Nach neun Monaten Pandemie wollen wir alle wieder ein wenig Normalität in unserem Leben. Ich bin überzeugt: Zusätzlich zu den politischen Maßnahmen und den Abstands- und Hygienevorschriften sind es technische Lösungen, die uns dieser ersehnten Normalität wieder ein Stück näherbringen können.

Es ist höchste Zeit für eine stärkere Kooperation von Politik und Industrie im Kampf gegen den Coronavirus. Wir müssen wirklich alle Möglichkeiten nutzen!