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Goodbye Amtsgeheimnis?

Von Alexander Huber

Gastkommentare
Alexander Huber ist Klubdirektor der Wiener Neos.
© Neos

Wien zeigt in Bezug auf Transparenz Mut und geht voran.


Im Zuge der Sondierungen zwischen SPÖ und Neos zur Bildung einer Koalition in Wien urteilten politische Beobachter, das Thema Transparenz könnte zur "harten Nuss" in den Verhandlungen werden. Einig wurden sich Rot und Pink letztendlich in allen Punkten, und bei allen nach wie vor vorhandenen Unterschieden gibt es zwischen Sozial und Liberal auch bei der Transparenz Schnittflächen, die so groß sind, dass Wien in den Bereichen Kontrolle und Informationsfreiheit in den nächsten Jahren große Schritte vorwärts machen wird.

Bei der Frage, welche Informationsrechte Bürger gegenüber ihrer Verwaltung haben, orientiert sich Österreich am in der Verfassung verankerten Leitmotiv des Amtsgeheimnisses. Dies macht Österreich zum weltweiten Schlusslicht im "Right to Information Ranking" des Centre for Law and Democracy.

SPÖ und Neos haben sich für die nächsten Jahre eine ganze Reihe von ambitionierten Politikprojekten aus den Bereichen Transparenz und Kontrolle vorgenommen. Zwei Herzstücke des Programms seien hier hervorgehoben: die Informationsfreiheit sowie die Kontrolle der Parteifinanzen durch den Rechnungshof. Beide Themen haben eines gemeinsam: Die türkis-grüne Bundesregierung befasst sich in ihrem Regierungsprogramm zwar ebenfalls mit diesen Themen, ist die Umsetzung bislang aber schuldig geblieben.

Ohne eine Änderung der Bundesverfassung wird es nie zum Paradigmenwechsel vom Amtsgeheimnis zur Informationsfreiheit kommen. Selbst wenn ÖVP und Grüne im Bund an der Abschaffung des Amtsgeheimnisses scheitern, wird sich in Wien einiges tun: Behörden müssen Bürgern künftig schon nach vier statt (bisher) acht Wochen Antworten auf Auskunftsbegehren geben, und es kommt ein Recht auf Auskünfte in schriftlicher und maschinenlesbarer Form. Um den Weg hin zur Informationsfreiheit zu begleiten und Bürgerrechte zu stärken, wird es in Wien einen Informationsfreiheitsbeauftragten geben. Die parlamentarische Kontrolle wird unter anderem durch die Ausweitung des Fragerechts auf Unternehmen der Stadt ausgeweitet.

Auch bei der Rechnungshof-Kontrolle der Parteifinanzen hat sich die Bundesregierung einiges vorgenommen, aber bislang nichts auf den Weg gebracht. Auch hier geht Wien mutig voran: Landesparteien, Klubs und Akademien werden künftig durch den Stadtrechnungshof auf die widmungsgemäße Verwendung der Fördermittel geprüft - mit empfindlichen Strafen, falls sie sich der Prüfung entziehen.

Die Menschenrechte begreifen Informationsfreiheit als Voraussetzung für die Ausübung der freien Meinungsäußerung. Es geht hier aber nicht nur um eine mitunter akademisch anmutende Diskussion über Informationsrechte als Menschenrechte. Aufgrund der Folgen der Corona-Pandemie steuern wir auf wirtschaftlich schwierige und damit wohl auch politisch höchst turbulente Zeiten zu. Die neue Wiener Regierung geht davon aus, dass mehr Transparenz auch mehr Vertrauen in die Institutionen der Stadt schafft. Das sichert letztlich die politische Stabilität in unserer Stadt, ein Gut, dem gerade in diesen stürmischen Zeiten hohe Bedeutung zukommt.