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Pflege braucht Zukunft

Von Roland Nagel

Gastkommentare

Die Zeit ist reif: Im Politikfeld Pflege ist vieles bereits seit langem klar. Es fehlt bloß an der konsequenten Umsetzung.


Um eine progressive Ansage machen zu können, würde es ja schon genügen, Erkenntnisse beständig umzusetzen, die für viele in der Pflege und anderswo seit längeren Zeiten kein Geheimnis mehr sind. Exemplarisch möchte ich ein paar Beispiele anführen: Da findet sich die wohlbekannte Forderung nach einem vermehrten koordinierten Vorgehen zwischen den öffentlichen Körperschaften im Politikfeld Pflege - viel zu oft benannt und zu häufig in Arbeitspapieren von "Taskforces" aller Art verschollen. Das Schicksal, in eine historische Dimension der Hoffnungslosigkeit abzudriften, teilt sie sich mit der Idee von bundeseinheitlichen Qualitätsstandards in der Pflege, um so etwas wie Vergleichbarkeit herzustellen.

Oder wie sieht es denn mit der Harmonisierung der Personalschlüssel für ganz Österreich aus? Eines ist klar: Herr Müller im Bundesland A mit der gleichen Pflegestufe wie Herr Müller im Bundesland B hat mehr als doppelt so viele Pflegemitarbeiter im Pflegeheim, auf deren pflegerisches Fachwissen er Tag und Nacht vertrauen kann. Sieht so Fairness aus? Ist es gar Teil eines würdevollen Umgangs mit unserer älteren Generation, den ich bloß nicht nachvollziehen kann?

Und wie sieht es mit ausreichend Ausbildungsplätzen - gleich verbunden mit der notwendigen bundesweit glaubwürdigen Imagekampagne für die Pflege - aus? Ohne diese sinnvolle Kombination drohen auch in Zukunft viele leere Ausbildungsplätze. Noch immer sind bei vielen Bildungsinstitutionen mehr als genug nicht besetzt. Auch eine faire Bezahlung über alle Grenzen der Pflege-Settings hinweg wäre angebracht und sicherlich nicht einer neuen Erkenntnis geschuldet.

Für die Menschen, die pflegerische Leistungen regelmäßig benötigen, ist es noch dazu völlig nebensächlich, ob nun eine Zielsteuerungskommission neu oder weitere Steuergruppen, Arbeitsuntergruppen oder was auch immer eingerichtet werden, um diese Themen wieder einmal in der Dauerschleife zu diskutieren. Sie sind zu Recht nur an den Ergebnissen interessiert. Ich bin der Meinung, im Politikfeld Pflege ist vieles bereits seit langem klar. Es fehlt bloß an der konsequenten Umsetzung. Am politischen Willen, die Dinge voranzutreiben, und das alles in einer Zeittangente, die sehr überschaubar ist.

Klare Ansagen undkonstruktives Vordenken

Jetzt ist die Zeit reif für klare Ansagen und konstruktives Vordenken, um letztlich doch zu entscheiden. Wer zum Beispiel wirklich an Quereinsteigern in der Pflege interessiert ist, muss selbstverständlich an ein "Fachstipendium plus" denken, sodass der geneigte Interessent auch in der Zeit der Ausbildung sein Leben weiterhin bestreiten kann. Was an Polizeischulen möglich ist, darf vor der Pflegeausbildung nicht haltmachen. Die Pflege ist genauso wie die Polizei für das Gemeinwesen und den sozialen Zusammenhalt von enormer Bedeutung. Oder etwa nicht?

Die Schlüsselfrage ist und bleibt die Personalsituation. Schon jetzt können ganze Abteilungen nicht geöffnet werden, weil das Pflegefachpersonal fehlt. Der Grundsatz "So viel wie möglich zu Hause und so viel wie nötig stationär" ist sinnvoll. Und trotzdem werden wir künftig auch mehr Pflegeheime, Tageszentren und Lotsen durch das äußerst komplexe System der Pflegedienstleistungen benötigen. Spannend wird realpolitisch betrachtet das Frühjahr 2021. Da sollen sich die Vertreter der öffentlichen Körperschaften treffen und die Entscheidung darüber fällen, was denn tatsächlich vom Reformvorhaben den Weg in den Pflegealltag findet. Wir brauchen transparente Entscheidungen voll Weitsicht und politisch Verantwortliche, die handeln.