Zum Hauptinhalt springen

Ein Blick über den Corona-Tellerrand ist nötig

Von Andreas Zakostelsky

Gastkommentare

Nach der Pandemie ist die Wirtschaftskrise nicht sofort vorbei. Vor allem das Pensionssystem bedarf einer gründlichen Betrachtung.


Auch wenn das jetzt etwas enttäuschend klingen mag: Die Corona-Krise endet mit einem verfügbaren Impfstoff noch nicht. Einerseits wird es noch eine Weile dauern, bis wir durch mögliche Impfstoffe in die Situation kommen, dass man einander ohne Sorge wieder die Hand geben kann. Andererseits steht uns dann immer noch die Bewältigung der größten Wirtschaftskrise seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs bevor. Nach Corona ist vor Corona.

Dass wir über kurz oder lang wieder aus der Wirtschaftskrise kommen werden, steht für mich außer Frage. Nur gilt es neben dieser Wirtschaftskrise auch auf die Herausforderungen einzugehen, die es schon vor Corona gegeben hat. Hier steht der Klimawandel ganz oben auf der Liste. Diesen sehe ich als größte Gefahr für die Menschheit. Umso mehr müssen wir in Sachen eines nachhaltigen Wiederaufbaus der Wirtschaft aktiv sein. Der Green Deal der Europäischen Union und auch die Anstrengungen der österreichischen Bundesregierung sind zentral für eine nachhaltige Zukunft. Die Umsetzung muss mancherorts aber noch engagierter sein. Nur ein Beispiel: Die Ausgestaltung des als Durchbruch gefeierten Pariser Klimaabkommens steht in den meisten Staaten noch aus.

Der demografische Druck auf das System der Altersvorsorge steigt

Stark beeinflussen wird unsere Entwicklung auch, wie wir mit den seit Jahren als "heiße Kartoffel" behandelten Themen umgehen werden. Stichwort: Bildungssystem, Pflege, Pensionssystem. So zeigt zum Beispiel der österreichische Fiskalrat in einem Bericht auf, dass zur Bekämpfung der stark gestiegenen Staatsschulden anstelle neuer Steuern besser langjährig geforderte, strukturelle Reformvorhaben angegangen werden sollten. Als konkretes Beispiel wird die Stärkung der Nachhaltigkeit des Pensionssystems genannt. Österreich "glänzt" im internationalen Vergleich durch Spitzenwerte bei den Gesamtausgaben für die öffentliche Altersvorsorge. Trotzdem ist laut OECD schon heute die Armutsgefährdungsquote der über 65-jährigen Bevölkerung im internationalen Vergleich überdurchschnittlich hoch.

Der Gesetzgeber hat beim Pensionssystem in den vergangenen Jahrzehnten mit einer Reihe von Reformen reagiert. Damit wurde ein wesentlicher Fortschritt bei der Sicherstellung der langfristigen Finanzierbarkeit der Pensionsleistungen erzielt. Aber aufgrund der massiven zusätzlichen Staatsverschuldung wird der Druck auch auf das staatliche Pensionssystem weiter steigen. Dazu kommen noch die sich ändernden sozialen und demografischen Anforderungen. Momentan ist ein Fünftel der österreichischen Bevölkerung im Pensionsalter über 60 Jahre, 2030 wird es schon ein Drittel sein. Alle Prognosen gehen davon aus, dass ab 2050 nur noch die Hälfte der Bevölkerung erwerbstätig sein wird - ungeachtet der Entwicklung der Digitalisierung.

Ein Beitrag zu mehr Stabilitätund Nachhaltigkeit

Nur ein Zusammenwirken aller Formen der Pensionsvorsorge kann die kommenden Anforderungen an das Pensionssystem in Österreich erfolgreich bewältigen. Zur nachhaltigen Sicherung der Lebensqualität aller Österreicherinnen und Österreicher auch im Alter muss die betriebliche Altersvorsorge, die zweite Säule im Pensionssystem - also Zusatzpensionen über Pensionskassen -, weiter massiv ausgebaut werden. Die durchschnittliche Alterspension in Österreich betrug im Dezember 2019 brutto 1.517 Euro. Die Pensionskassen haben 2019 eine durchschnittliche Pension von 451 Euro pro Monat ausbezahlt - eine optimale Ergänzung zusätzlich zum staatlichen Pensionssystem. Und gerade für Geringverdiener und Teilzeitbeschäftigte - hier sind vor allem Frauen betroffen - ist eine solche zusätzliche Altersvorsorge besonders wichtig.

Das sorgt nicht nur für eine individuelle Verbesserung des Lebensstandards im Ruhestand, sondern trägt auch zu einer größeren Stabilität zwischen den Generationen bei. Zudem darf man insbesondere auf dem Weg aus der Wirtschaftskrise die stabilisierende Eigenschaft von Pensionskassen als langfristige Investoren nicht außer Acht lassen. Heimische Pensionskassen investieren zu einem recht beachtlichen Teil in Österreich und stärken somit die heimische Wirtschaft. Darüber hinaus entsteht jährlich eine enorme Wertschöpfung am Wirtschaftsstandort Österreich durch die Stärkung der Kaufkraft im Zuge der Auszahlungen der Pensions- und Vorsorgekassen an deren Kunden beziehungsweise Berechtigte. Erfahrene Wirtschaftswissenschafter schätzen den Gesamteffekt auf bis zu 4,5 Milliarden Euro jährlich.

Frühe und wichtige Wegbereiter in Richtung CO2-Neutralität

Nichts zu vergessen: Die österreichischen Pensionskassen zählen zu den frühen und wichtigen Wegbereitern des Übergangs zu einer CO2-neutralen Gesellschaft, weil sie immer stärker in Unternehmen investieren, die sich das Ziel gesetzt haben, nachhaltiger zu werden. Aktuell investieren sie bereits rund 15 Milliarden Euro nachhaltig. Damit wird dazu beigetragen, den Klimawandel zu begrenzen und künftig anstehende Strafzahlungen wegen Nicht-Erreichung der Klimaziele geringer zu halten. Somit wäre mit dem im Regierungsprogramm vorgesehenen Ausbau der betrieblichen Altersvorsorge in Österreich auf dem Weg aus der Corona-Krise allen gedient. Man müsste dies nur noch angehen . . .