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Ob das geschickt war?

Von Gerhard Kohlmaier

Gastkommentare

Beim Abschluss des neuen Abkommens mit China sollte sich die EU Zeit lassen.


Es ist - wie so vieles andere - in der Zeit der Corona-Problematik fast untergegangen: China und die EU haben nach langjährigen Verhandlungen zum Jahresende ein Handels- beziehungsweise Investitionsabkommen in seinen Grundsätzen beschlossen. Für die Europäer geht es dabei in erster Linie darum, dass China deren Investitionen in den chinesischen Markt überhaupt zulässt beziehungsweise dafür annähernd gleiche Bedingungen schafft, wie sie die chinesische Wirtschaft vorfindet. Chinesische Unternehmen haben sich im Gegenzug einen vertraglich garantierten Zugang zu den europäischen Märkten gesichert.

Der genaue Wortlaut des Abkommens ist derzeit noch unbekannt, und es muss auch noch durch den Europäischen Rat und das EU-Parlament bestätigt werden. Dabei sollte man sich aber aus mehreren Gründen Zeit lassen:

Das EU-Parlament hat penibel darauf zu achten, dass der Vertragspartner China jene Menschen- und Arbeitsrechte einhält, die auch in der EU gelten. Dass dies der Fall ist, daran darf gezweifelt werden.

Es darf auch bezweifelt werden, ob Chinas kapitalistisches System, in dem der Staat die Regeln macht, jemals mit einem westlich geprägten kapitalistischen System auf Augenhöhe konkurrieren kann.

Gerade die Corona-Krise hat gezeigt, wie wichtig dezentrale und lokale Handelsstrukturen sind und wie problematisch die Produktion von lebenswichtigen Gütern durch wenige internationale Konzerne werden kann.

Auch aufgrund der Klimaproblematik und aus ökologischen Gründen sind Handelsabkommen alten Stils, die ökologische, gesundheitliche und soziale Fragen nicht ins Zentrum ihrer Verhandlungen rücken, strikt abzulehnen.

Wäre es nicht besser gewesen, sich mit der neuen US-Regierung in grundsätzlichen Fragen einer künftigen Handelspolitik China gegenüber abzusprechen, bevor die EU Alleingänge unternimmt?

Abgesehen von der prinzipiellen Sinnhaftigkeit solcher Abkommen ist im gegenständlichen Fall wohl auch der Zeitpunkt eines Abschlusses äußerst ungeschickt gewählt.