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Romed

Von Ralf Beste

Gastkommentare
Ralf Beste ist seit September 2019 deutscher Botschafter in Österreich. Davor war der studierte Historiker als Journalist tätig, unter anderem für die "Berliner Zeitung" und den "Spiegel".
© Deutsche Botschaft Wien

Beim alpinen Skisport sind die Größenverhältnisse unserer Länder auf den Kopf gestellt.


Den Vornamen Romed hatte ich bis vor kurzem noch nie gehört, das gebe ich zu. Mein liebster Zuschauersport ist Fußball, auch wenn ich selbst ein miserabler Kicker bin. Ski fahren kann ich etwas besser, aber im TV hat mich der Skisport bisher kaum gereizt. Deshalb war mir die faszinierende Geschichte von Romed Baumann bis vor wenigen Wochen völlig fremd. Der Name Romed ist anscheinend auch im Ursprungsland Tirol recht selten - für einen Deutschen dürfte das umso mehr gelten. Romed Baumann ist beides, Tiroler und Deutscher. Sie kennen wohl die Geschichte vom Riesentalent, das nach einer Schwächephase im eigenen Verband aussortiert wurde und nach Deutschland wechselte. Für mich war sie neu und trieb mein Interesse an der Ski-WM in Cortina d’Ampezzo in ungeahnte Höhen.

Die Größenverhältnisse zwischen Deutschland und Österreich sind auf interessante Weise auf den Kopf gestellt, wenn es um den alpinen Skisport geht. Bei meiner ersten Reise als Botschafter in Salzburg erläuterte mir ein Skifunktionär freundlich, die deutschen Nationalmannschaften trainierten häufiger in Österreich als in der Heimat - die Skigebiete seien einfach so viel besser. Natürlich haben wir das wunderbare Garmisch-Partenkirchen, aber wer die deutschen Top-Ten-Skigebiete aufzählt, landet bald im Sauerland. Die Talentsuche läuft entsprechend anspruchsvoller. "Wir sind keine alpine Nation als Deutschland", sagte in Cortina - ausgerechnet - der Alpindirektor des Deutschen Skiverbands.

Ein anderer deutscher Erfolgsfahrer in Cortina, Andreas Sander, stammt aus meiner westfälischen Heimat am Südrand des Ruhrgebiets. Er hat auf der "Teufelswiese" bei Ennepetal das Skifahren gelernt. Sein Silber in der WM-Abfahrt ist schon eine kleine Sensation in Deutschland.

Womit wir zurück bei Romed sind. Im Alpin-Ski ist Österreich eine Großmacht, und die Erwartungen an die Athleten sind mit denen an unser Fußballnationalteam zu vergleichen. Zwischen Triumph und Versagen liegen oft nur Kleinigkeiten. Was erklärt, warum Romed damals in den Deutschen Skiverband wechselte, der ihn dankend aufnahm. Umso mehr hat mich gefreut, wie herzlich die österreichischen Kollegen und Medien Romed gratuliert haben.

Aber er hat auch eine diplomatische Meisterleistung hingelegt, für die ich ihm professionellen Respekt zolle: Er ist beim Super-G um sieben Hundertstel hinter dem grandiosen Doppelweltmeister Vincent Kriechmayr geblieben. Glückwunsch an beide!