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Warum nicht alle Preiserhöhungen verbieten?

Von Christian Ortner

Gastkommentare

Der jüngste Eingriff ins Mietrecht ist populistischer Unfug.


Rechtlich ist die Sache ziemlich klar: Verträge zu Lasten Dritter sind null und nichtig. Wenn Frau A und Herr B vereinbaren, C müsse ihnen je 1.000 Euro zahlen, kann C auch weiterhin ruhig schlafen, die Vereinbarung ist nicht einmal zum Krenreiben gut. Eine solche Vereinbarung zu Lasten Dritter stellt freilich auch der jüngste gesetzliche Eingriff ins Mietrecht dar, mit dem Vermietern verboten wird, die heuer an sich fällige Anpassung bestimmter Mieten an die Inflationsrate durchzuführen. Zu Lasten Dritter ist das Ganze, weil die Vermieter den Schaden haben, während sich Politik und Mieter den entsprechenden Vorteil teilen, die einen den politischen, die anderen den pekuniären.

Dass das Ganze nicht null und nichtig ist, wie es das unter Privatleuten wäre, sondern völlig legal, liegt daran, dass einer der Beteiligten der Staat ist. Und der kann ja bekanntlich jederzeit Regeln ändern, auch zu Lasten Dritter. Darin hat er ja durchaus Erfahrung. Das Dreiste daran ist, dass er in diesem Fall so offensichtlich einer Gruppe nutzt, indem er gleichzeitig und kausal einer anderen schadet. Üblicherweise wird das ja durch komplizierte Steuern und Abgaben, Zuschüsse und Subventionen so weit versteckt, dass die Umverteilung hinter sieben Schleiern verschwindet. Hier hingegen, bei den Mieten, kennen sich Geschädigte (Vermieter) und Profiteure (Mieter) manchmal sogar persönlich.

Nicht weniger dreist ist, dass die Regierung das natürlich nicht macht, weil es ökonomisch sinnvoll ist, sondern weil es vor allem der etwas ins Trudeln gekommenen ÖVP wieder Popularität bringt; es gibt ja doch deutlich mehr Mieter als Vermieter. Wäre es der Regierung wirklich darum gegangen, den Bedürftigen unter den Mietern zu helfen, dann hätte sie diesen die Kosten der Inflationsanpassung eben aus dem Budget abgelten müssen - und dazu erklären, woher die dafür benötigte Kohle kommen soll.

Das ist natürlich politisch deutlich weniger attraktiv.
Und dass die Sympathiewerte von Vermietern größenordnungsmäßig noch hinter jenen von Kredithaien, Hütchenspielern und Journalisten liegen dürften, wird das vorliegende Geschäft zu Lasten Dritter zur naheliegenden Option gemacht haben.

Es ist eine Idee, die durchaus ausbaubar ist. Wenn die Vermieter die Mieten nicht an das steigende Preisniveau und ihre eigenen gestiegenen Kosten anpassen dürfen, warum dann eigentlich nicht auch die Verkäufer von Autos und Waschmaschinen, von Bio-Hühnern und Schweinsbraten, von Bier und Mineralwasser? Warum dürfen die ÖBB, die Wiener Linien oder der ORF ihre Tarife regelmäßig an ihre Kosten anpassen, nicht aber die Vermieter von Wohnungen? Da wäre es doch irgendwie naheliegend, die Preise aller für den Verbraucher halbwegs relevanten Produkte und Dienstleistungen einfach von Gesetzes wegen einzufrieren - schwupp, Problem gelöst, tosender Beifall von den Rängen.

Dass dies, wo immer auch es auf dieser Welt in den vergangenen mehr als hundert Jahren probiert wurde, in Mangel und schließlich im Elend geendet ist, gerät offenkundig immer mehr in Vergessenheit. Gelegentlich sogar in Parteien, die in ihrem Selbstverständnis den Prinzipien der freien Marktwirtschaft verbunden sind.