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Hürden auf dem Weg in eine erfolgreiche Zukunft

Von Monika Köppl-Turyna

Gastkommentare
Monika Köppl-Turyna ist Ökonomin und Direktorin des Forschungsinstituts Eco Austria.

Europa steckt in einem Teufelskreis aus niedrigen Zinsen, niedrigem Wachstum und wachsenden Schulden.


Europa spielt in der Weltwirtschaft keine führende Rolle mehr. Die EU ist einst entstanden, um einen Gegenpol zu den USA, China und Russland zu bilden. Und sie ist ein Friedensprojekt, das mir als gebürtige Polin Freiheit gebracht hat, die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben und auf Wohlstand.

Europa steckt in einem Teufelskreis aus niedrigen Zinsen, niedrigem Wachstum und wachsenden Schulden. Die wachsende Verschuldung macht es zunehmend unwahrscheinlich, dass mit der Niedrigzinspolitik irgendwann einmal Schluss gemacht wird. Genau das wäre aber nötig, um strukturelle Anpassungen in der Wirtschaft zu ermöglichen und wieder produktiv zu werden. Es wäre mutig, diesen Teufelskreis zu durchbrechen - das ist aber politisch kaum durchsetzbar, weil die Währungsunion dabei Schaden nehmen könnte.

In Europa entstehen außerdem zu wenig Unternehmen in den am schnellsten wachsenden Branchen. Im PWC-Ranking der nach Marktkapitalisierung zehn größten Unternehmen weltweit sind sieben in der Technologiebranche tätig - und sie alle sitzen in den USA oder in China. Um überhaupt ein Unternehmen aus der EU zu finden, müssen wir in der Liste ziemlich weit nach unten gehen - um auf Platz 32 bei Louis Vuitton Moet Hennessy zu landen. Ausgerechnet ein Champagner-Produzent rettet die Ehre der EU - das hat durchaus etwas von der viel zitierten Dekadenz, die schon den Untergang des Römischen Reichs einleitete. In anderen Teilen der Welt entstehen indes hochspezialisierte Technologieunternehmen, die wohl auch unsere Zukunft gestalten werden. Und es ist nicht so, dass Europa wenigstens aufholt - im Gegenteil: Die USA und vor allem China bauen ihre Vormachtstellung in der Technologie immer weiter aus - vor allem durch eine effiziente Förderung der Bildung im MINT-Bereich.

Und als würde all das nicht schon reichen, verlieren wir auch in Sachen Außenhandel an Boden. Ein Handelsabkommen mit den USA? Wollte man hier nicht. Mit Kanada, einem Partner, der viele europäische Grundwerte teilt? Nur unter Mühen und sehr langsam. Die Verhandlungen mit Mercosur, dem gemeinsamen Markt Südamerikas, waren zwar erfolgreich, nun aber blockieren einzelne Länder, auch Österreich, weitere Schritte, um ihre Partikularinteressen durchzusetzen. China gründete gleichzeitig im November 2020 mit vierzehn Ländern, darunter Australien, Japan und Südkorea, die größte Freihandelszone der Welt.

Damit Europa wieder an wirtschaftlicher Bedeutung gewinnt, müssen wir die drei größten Brocken in den Griff bekommen: Zinsen, Technologie, Vernetzung. Die Alterung unserer Gesellschaft, Klimawandel und Migrationsströme stellen uns ebenfalls vor große Herausforderungen. Um ihnen zu begegnen, brauchen wir ein gutes wirtschaftliches Fundament. Ohne Kreativität und den politischen Mut, auch schmerzhafte Reformen anzugehen, werden wir das nicht erreichen. Wenn es uns aber gelingt, dann können wir uns auch wieder darauf konzentrieren, was die Europäische Union wirklich ausmacht.