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Jesu Auferstehung als Wendepunkt

Von Franz Graf-Stuhlhofer

Gastkommentare
Franz Graf-Stuhlhofer ist Lehrbeauftragter an der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien/Krems (www.graf-stuhlhofer.at).
© privat

Woran glauben zwei Drittel der Bevölkerung beim bedeutendsten kirchlichen Fest?


Etwa 55 Prozent der Bevölkerung in Österreich sind katholisch. Wenn wir noch orthodoxe und evangelische Christen sowie die Angehörigen kleinerer Gemeinschaften mitrechnen, kommen wir ungefähr auf zwei Drittel der Bevölkerung, die zu einer christlichen Kirche gehören. Sind alle diese Menschen überzeugt von den Glaubenslehren der jeweiligen Kirche? Wohl kaum. Viele sind "Taufscheinkatholiken". Aber formal gesehen, "bekennen" sich diese Menschen zum Glauben ihrer Kirche, zum Beispiel sagt man, der Katholik habe ein "katholisches Bekenntnis".

Zu Ostern erinnern die Kirchen an die Auferstehung Jesu. Was stellen sie sich darunter vor? Der tatsächliche Inhalt dieses Festes ist vielen Menschen unklar, auch wenn es durch manche Bräuche (zum Beispiel Ostereier bemalen) lebendig gehalten und der Ostermontag als arbeitsfreier Tag genossen wird.

Was meinen die Kirchen mit der "Auferstehung Jesu"? Es handelt sich nicht um eine bloße "Wiederbelebung", sondern Jesus hatte danach einen veränderten Körper. Er wurde von seinen Freunden nicht gleich wiedererkannt und konnte verschlossene Räume betreten - aber er konnte zum Beispiel essen und berührt werden.

Manchmal wird bezweifelt, dass die Darstellungen der Auferstehung Jesu überhaupt historische Berichte seien. Viele Leser der Evangelien finden einen Bericht über eine Auferstehung psychologisch hilfreich: als Symbol dafür, dass es auch nach einem Tiefschlag im Leben eines Menschen wieder bergauf gehen kann. So lassen sich diese Berichte praktisch anwenden, aber die primäre Bedeutung ist sehr wohl eine historische. Auch im Zweiten Vatikanischen Konzil hielt die katholische Kirche daran fest, dass die vier Evangelien, deren Geschichtlichkeit sie ohne Bedenken bejaht, zuverlässig überliefern, was Jesus in seinem Leben unter den Menschen wirklich getan und gelehrt hat (so zu lesen im Kapitel 19 des Konzilstextes über die göttliche Offenbarung).

Aber sind solche Wunderberichte auch für Skeptiker überzeugend? Blenden wir kurz zurück: Jesus sammelt Anhänger um sich, ist mit ihnen einige Jahre unterwegs und entfacht in ihnen große Hoffnungen auf eine radikale Veränderung. Doch dann wird Jesus gefangen genommen und getötet. Worauf sollen seine Anhänger jetzt noch hoffen, nachdem ihr Anführer, von dem sie so beeindruckt waren, nicht mehr unter ihnen ist?

Es wäre zu erwarten, dass sich diese Jesus-Bewegung rasch zerstreut und seine Anhänger wieder in ihren früheren Beruf zurückkehren, also zum Beispiel zum Fischen. Stattdessen reden sie öffentlich davon, dass ihnen der auferstandene Jesus begegnet ist. Und obwohl sie bedroht und manche von ihnen getötet werden, bleiben sie bei ihrer Behauptung, und die Bewegung breitet sich rasch aus, ohne Gewalt anzuwenden. Wie war eine derartige Verbreitung möglich? Der Wendepunkt war die Auferstehung Jesu, jedenfalls nach Meinung der Kirchen - und zu diesen gehören zwei Drittel von Österreichs Bevölkerung.