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Chancen und Tücken einer globalen Mindeststeuer

Von Monika Köppl-Turyna und Hannes Winner

Gastkommentare
Monika Köppl-Turyna ist Ökonomin und Direktorin des Forschungsinstituts Eco Austria.

Der Vorschlag der USA ist eine weitere Initiative, dem "schädlichen" Steuerwettbewerb ein Ende zu bereiten. Dabei darf die Bemessungsgrundlage nicht außer Acht gelassen werden.


US-Finanzministerin Janet Yellen hat jüngst eine Mindeststeuer für Unternehmen vorgeschlagen. Diese soll möglichst auf globaler Ebene umgesetzt werden, der Steuersatz soll 21 Prozent betragen. Noch im Wahlkampf hat Präsident Biden den Internetgiganten Amazon aufgefordert, endlich seinen fairen Steueranteil zu bezahlen. Der Vorschlag Yellens knüpft direkt daran an.

Vordergründig geht es also um Steuergerechtigkeit, bei näherer Betrachtung spielen aber auch fiskalische Motive eine Rolle. Immerhin soll eine Erhöhung der Körperschaftsteuer ein Infrastrukturprogramm der US-Regierung finanzieren. Der Vorschlag richtet sich gegen einen Steuerwettbewerb, der wesentlich durch die Gewinnverschiebungen multinationaler Firmen befeuert wird.

Die Initiative reiht sich in jahrelange Bemühungen der OECD oder EU, dem "schädlichen" Steuerwettbewerb ein Ende zu bereiten. Das Ausweichen in Steuerschlupflöcher verletzt die Grundregeln der Marktwirtschaft und führt zu gesellschaftlichen Wohlfahrtsverlusten. Aus ökonomischer Sicht ist der Kampf gegen die internationale Steuerflucht daher zu begrüßen. Aber lässt sich diese mit dem US-Vorschlag überhaupt wirkungsvoll bekämpfen?

Dies wird, erstens, davon abhängen, ob sich die internationale Staatengemeinschaft flächendeckend darauf einigen kann. Eine Mindeststeuer wird einige Länder bevorzugen und andere benachteiligen, je nachdem, wie sich die Konzernzentralen international verteilen. Russland oder China, aber auch Niedrigsteuerländer wie Irland werden nur zustimmen, wenn sie von der Lösung profitieren oder zumindest kompensiert werden. Schon die Festlegung des Steuersatzes wird zeigen, wie hoch diese Transaktionskosten sind.

Zweitens übersieht die Diskussion um den Vorschlag, dass die effektive Steuerbelastung eines Unternehmens nicht nur durch den Steuersatz, sondern mindestens genauso durch die Bemessungsgrundlage bestimmt wird. Die Bemessungsgrundlage legt nicht nur den Gewinn eines Unternehmens und damit die Steuerbasis fest, sie wird häufig auch für Lenkungszwecke verwendet, die durchaus im Sinne der Gesellschaft sind. Man denke an spezielle Abzüge für Investitions- und Forschungsaufwendungen. Die Mindeststeuerlösung setzt die Harmonisierung der Bemessungsgrundlage nicht zwingend voraus. Sie würde den Druck in diese Richtung aber erhöhen, weil die effektive Steuerlast nur mehr über das Ausnutzen von Unterschieden in den Bemessungsgrundlagen reduziert werden kann.

Selbst wenn sich die Staatengemeinschaft auf einen Mindestsatz einigen kann, ist mehr als fragwürdig, ob dies bei der Bemessungsgrundlage gelingen wird.
Ein Grundproblem liegt derzeit darin, dass die Besteuerungsrechte eines Landes an der Ansässigkeit eines Unternehmens anknüpfen. Erst daraus entstehen die Anreize für internationale Gewinnverschiebungen, die gerade für Unternehmen aus der Digitalisierungsbranche leicht umsetzbar sind.

Daher wäre eine stärkere Anbindung an reale Wirtschaftsaktivitäten wie Produktion und Konsum zu überlegen. Sie würde den beteiligten Ländern nicht nur ihre Steuerautonomie belassen, sondern auch dafür sorgen, dass alle Handelspartner einen fairen Anteil am Steuerkuchen erhalten.

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