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Boomer in Beschäftigung halten

Von Ulrike Famira-Mühlberger

Gastkommentare
Ulrike Famira-Mühlberger ist stellvertretende Leiterin des Wirtschaftsforschungsinstituts.

Der Arbeitsmarkt ist so zu gestalten, dass Erwerbstätige möglichst lange im aktiven Arbeitsleben bleiben.


In vielen Betrieben stellt die sogenannte Baby-Boom-Generation - also die geburtenstarken Jahrgänge der 1960er - einen wesentlichen Teil der Belegschaft. Aufgrund der neuen Pensionsregelungen, aber auch aufgrund von Höherqualifizierung, werden sie - im Idealfall - auch länger als die Generation davor im Berufsleben bleiben. Wifo-Projektionen zeigen, dass dieser Trend auch in den kommenden Jahren anhalten wird. Die Zahl der Erwerbspersonen wird nicht im Gleichklang mit der schrumpfenden Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter abnehmen, sondern sich positiver entwickeln. Treibende Kraft wird dabei die steigende Erwerbsbeteiligung Älterer sein.

Dies bedeutet, dass Betriebe mit einer sich wandelnden Altersstruktur der Belegschaften konfrontiert sind. Mit der Verschiebung der Altersstruktur der Erwerbspersonen werden in den Betrieben zahlreiche etablierte Mechanismen und Strukturen wie beispielsweise die Personalrekrutierung oder die Ausgestaltung von internen Arbeitsmärkten infrage gestellt. Außerdem müssen sich viele Betriebe angesichts des Umstands, dass die geburtenstarken Jahrgänge der 1960er-Jahre mittlerweile in die Altersgruppe der 50- bis 60-Jährigen am Arbeitsmarkt vorgerückt sind, auch auf ein Ausscheiden von größeren Belegschaftsteilen in den nächsten zehn Jahren einstellen.

Dasselbe gilt auch für die Zusammensetzung der Gruppe der Arbeitslosen. Auch hier macht sich die Baby-Boom-Generation bemerkbar. Waren im Jahr 2010 rund 10 Prozent der Arbeitslosen über 54 Jahre, waren es im Jahr 2019 rund 20 Prozent. Das Corona-Jahr 2020 hat diesen Anteil auf 18,5 Prozent reduziert, da viele jüngere Personen arbeitslos geworden sind. An der generellen Entwicklung hat sich dadurch aber nichts verändert.

Was bedeutet diese Entwicklung? Es bedeutet zum einen, dass ein verstärkter Fokus auf Weiterbildung gesetzt werden muss. Die Arbeitswelt ist massiv im Umbruch (Stichwort: Digitalisierung), die Kompetenzen der Belegschaften, aber auch der Arbeitslosen, müssen ständig angepasst werden. Zum anderen muss das Thema der gesundheitlichen Prävention stärker ins Zentrum gerückt werden. Fast ein Fünftel der über 50-Jährigen im Erwerbsalter gab in einer Befragung an, gesundheitsbedingt im Erwerbsleben eingeschränkt zu sein. Bei den Arbeitslosen ist der Anteil doppelt so hoch. Etwas mehr als ein Fünftel der über 50-Jährigen befürchtet, dass es die derzeitige Beschäftigung aus gesundheitlichen Gründen nicht bis zum Erreichen des regulären Pensionsantrittsalters ausüben kann. Die Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit erfordert nicht nur reaktive Maßnahmen, um Defizite auszugleichen, sondern auch präventive Maßnahmen. Nur so kann dem entgegengewirkt werden, dass ein hoher Teil der in Pension übertretenden Personen nicht aus der aktiven Beschäftigung, sondern aus der Arbeitslosigkeit kommt.

Ziel ist es, einen Arbeitsmarkt zu unterstützen, der es den Erwerbstätigen erlaubt, möglichst lange im aktiven Arbeitsleben zu bleiben und Anreize zu reduzieren, frühzeitig auszuscheiden. Schließlich hat Österreich Aufholbedarf bei der Beschäftigungsquote Älterer im europäischen Vergleich.