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Fossiles Auslaufmodell

Von Kurt Bayer

Gastkommentare

Wie geht die OMV mit der Klimakrise um?


Am 2. Juni findet die OMV-Hauptversammlung statt: Die Medien sind voll von Spekulationen über die Nominierung des neuen Vorstandschefs, da der jetzige (Rainer Seele) angekündigt hat, nächstes Jahr zu gehen. Zwar ist die Besetzung der Spitzenposition nicht unwichtig für die künftige OMV-Strategie, da es dabei auch um die jeweiligen Gewichte der zwei Sparten - des Upstream-Bereichs, also der Erdöl- und Erdgassparte, und des Kunststoffbereichs - geht, der durch die Aufstockung des Borealis-Anteils auf mehr als 70 Prozent (hier gibt es eine Diskussion um den "richtigen" Kaufpreis, der an die Teilmutter Mubadala gezahlt wurde) an Bedeutung für das Gesamtunternehmen gewonnen hat.

Zweifellos ist die Diversifizierung des Gesamtportefeuilles durch die Borealis-Übernahme eine wichtige Weichenstellung für die Zukunftsstrategie von OMV, da damit stärker in den Weiterverarbeitungsbereich investiert wird. Laut gültiger OMV-Dekarbonisierungsstrategie soll damit auch das Ziel, bis 2050 CO2-neutral zu produzieren, erleichtert werden. Dieser Strategieteil, der der Verwirklichung der Pariser Klimastrategie dienen soll, sieht eine deutliche Verstärkung der Energieeffizienz in der OMV vor, eine Steigerung der CO2-armen oder -neutralen Produkte auf mehr als 60 Prozent im Upstream-Bereich bis 2025, eine Steigerung der Carbonintensität im Raffineriebereich um 20 Prozent (damit insgesamt um 30 Prozent) und eine Reduktion des Flaring im Förderbereich auf 0 Prozent bis 2030.

Dies sind alles wichtige und wahrscheinlich auch richtige Zielsetzungen. Aber ob sie ausreichen, um tatsächlich die Pariser Ziele zu erreichen und das Risiko für die Anteilseigner (die Republik vertreten durch die Öbag, Mubadala und Privatanleger) in Schach zu halten, darf bezweifelt werden. Nicht umsonst ziehen sich Investoren wie der (weltgrößte) norwegische Staatsfonds aus dem Karbonsektor zurück, nicht umsonst liefern sich bei den eben anlaufenden Hauptversammlungen der großen Erdöl- und Gasproduzenten Exxon-Mobil, Shell oder BP Investorengruppen und deren Vertreter massive Abstimmungsschlachten über die Dekarbonisierungsstrategien beziehungsweise um die diese mehr oder weniger vertretenden Generaldirektoren.

Investitionen inganz andere Produkte

Das Ziel geht darum, dass diese Unternehmen statt in Kohlenwasserstoffe in erneuerbare Energieträger und ganz andere Produkte investieren. Und nicht umsonst hat eben vorige Woche die Internationale Energieagentur in Paris nicht nur zur Schließung von Kohlengruben und vor allem mit Kohle betriebenen Kraftwerken aufgerufen, sondern sogar überraschenderweise zum Stopp von Neuinvestitionen in die Exploration und Förderung von Erdöl und Erdgas, mit dem Ziel, die Pariser Klimaziele zu erreichen. Und es muss auch das bahnbrechende Urteil eines niederländischen Gerichts gegen Shell erwähnt werden, das den Konzern verpflichtet, seine CO2-Emissionen bis 2020 unter 45 Prozent des Ausstoßes von 2019 zu drücken.

Davon ist bisher in der Öffentlichkeit von der OMV nichts zu hören. Auch nicht von der Öbag, die den österreichischen Staatsanteil verwaltet. Dort sonnt man sich wahrscheinlich in der 2020 und 2021 je 600 Millionen Euro schweren Dividendenzahlung an die Eigentümer, statt dieses Geld in erneuerbare Energien zu investieren.

Da sich die Bundesregierung zur Erreichung der CO2-Neutralität bis 2040 verpflichtet hat, wäre es hoch an der Zeit, dass sich Österreichs größtes Erdöl- und Erdgasunternehmen beziehungsweise seine Eigentümer in der Öffentlichkeit zur künftigen Carbonstrategie eines der größten CO2-Emittenten des Landes äußern. Die Borealis-Strategie ist als ein erster Schritt zu begrüßen. Er stellt auch einen wichtigen Baustein zu einer OMV-geleiteten Kreislaufwirtschaft in diesem Bereich dar, der allerdings über die Borealis hinausgehen muss.

Die kommende Hauptversammlung selbst wird nur wenig zur Aufklärung leisten, da die syndizierten Eigentümer Österreich-Mubadala den weit überwiegenden Anteil der Eigentumsrechte kontrollieren. Die Haltung der Öbag wäre jedoch über die österreichischen Investoren hinaus für die Steuerzahler als Eigentümer hoch interessant. Sie muss ihren Tochterkonzern dazu bringen, den Kampf gegen den Klimawandel ganz massiv zu unterstützen und das Erdöl- und Gasgeschäft als Auslaufmodell zu betrachten.