Zum Hauptinhalt springen

Banken im Stresstest

Von Lidia Treiber

Gastkommentare

Die Renditen an einer breiten Palette von Rentenmärkten sind im Allgemeinen niedriger als 2020. Unternehmen werden das wahrscheinlich bei Neuemissionen von Anleihen nutzen.


Banken sind das Herzstück einer funktionierenden Weltwirtschaft. Die Regierungen sind sich der Rolle bewusst, die sie bei der Verringerung einiger der wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf ihre jeweilige Bevölkerung spielen können. Die Aufsichtsbehörden in den USA und Europa forderten die Banken auf, Dividendenausschüttungen und Aktienrückkäufe für den größten Teil des Jahres 2020 vorübergehend auszusetzen. Vor kurzem hat die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) diese Beschränkungen nach den jüngsten Stresstests gelockert.

Bald werden sich US-Banken eingehender mit ihren jeweiligen Ergebnissen befassen, und sie könnten versuchen, überarbeitete Pläne zur Auszahlung der Aktionäre vorzulegen. Randal K. Quarles, stellvertretender Vorsitzender für die Aufsicht bei der Fed, fasste kürzlich den Zustand der US-Banken und die Ergebnisse der Stresstests im Juni zusammen: "Im vergangenen Jahr hat die Fed drei Stresstests an mehreren verschiedenen hypothetischen Rezessionen durchgeführt, und alle haben bestätigt, dass das Bankensystem stark positioniert ist, um die anhaltende Erholung zu unterstützen."

Um das Ausmaß dieser Stresstests zu verdeutlichen, war eines der hypothetischen Szenarien eine schwere globale Rezession mit einer Arbeitslosenquote von mehr als 10 Prozent in den USA, einem BIP-Rückgang um 4 Prozent bis Ende 2022 und einem Absturz der Aktienmärkte um mehr als 50 Prozent. Die Fed erklärte, dass "in diesem Szenario die Eigenkapitalquoten der Banken innerhalb der Studie auf 10,6 Prozent gesunken sind - ein Niveau, das weiterhin ihre Mindestanforderungen überschreitet".

Jenseits des Atlantiks hat die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) zu Jahresbeginn einen eigenen Stresstest durchgeführt. Viele werden die Ergebnisse mit Spannung erwarten, da die EBA-Stresstests 2020 aufgrund der Pandemie verschoben wurden. Die Veröffentlichung der Ergebnisse wird für diesen Sommer erwartet, wobei die Stichprobe etwa 70 Prozent der Vermögenswerte des Bankensektors in der EU und Norwegen abdeckt. Im ungünstigsten skizzierten Fall sind die Auswirkungen gravierend: Sie umfassen einen Rückgang des realen BIP um fast 4 Prozent, einen Anstieg der Arbeitslosenquote um 4,7 Prozent und einen weltweiten Absturz der Aktienkurse in den Industrieländern um 50 Prozent. Auf diese Weise wird ein Einblick in die Widerstandsfähigkeit des Bankensystems gewährt, sollte ein weiteres schwerwiegendes Szenario eintreten.

Seit Dezember 2020 fordert die Europäische Zentralbank (EZB) europäische Banken auf, Dividenden und Aktienrückkäufe bis Ende September des heurigen Jahres zu unterlassen oder zu begrenzen. Es wird empfohlen, Dividenden und Aktienrückkäufe auf maximal 0,2 Prozent des Kernkapitals Banken oder auf weniger als 15 Prozent des kumulierten Gewinns für die Jahre 2019 bis 2020 zu beschränken. Betrachtet man das Ergebnis im ersten Quartal 2021, so haben Unternehmen des Finanzsektors des Euro Stoxx 50 eine starke Performance gezeigt. Immerhin 48 Prozent der Unternehmen der Branche meldeten ein Gewinnwachstum im Vergleich zum vierten Quartal 2020. Im selben Berichtszeitraum hielten europäische Banken weiterhin Puffer für ihre maximalen Auslösequoten für ihre "Additional Tier 1 Contingent Convertible Bonds" (AT1 CoCos) aufrecht.

Verbesserung der Anlegerstimmung

In den vergangenen zwölf Monaten haben AT1 CoCos eine Rendite von 18,43 Prozent erzielt und waren einer der leistungsstärksten Bereiche im festverzinslichen Bereich. Da die Anlegerstimmung gegenüber dem europäischen Bankensektor positiver wird und AT1 CoCos eine Renditesteigerung im Vergleich zu den vorrangigeren Anleihen der Banken bieten, stoßen sie auf großes Interesse der Anleger, die angesichts steigender Staatsanleiherenditen auch in Zeiten steigender Zinsen nach traditionell widerstandsfähigen Anlageklassen gesucht haben. Es hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass AT1 CoCos dafür geeignet sind.

Da die Renditen an einer breiten Palette von Rentenmärkten im Allgemeinen niedriger sind als im Jahr 2020, werden Unternehmen wahrscheinlich diese niedrigeren Renditeniveaus bei Neuemissionen von Anleihen nutzen. In den kommenden drei Monaten nähern sich ausstehende AT1 CoCos von NatWest Group, UBS, Société Générale, UniCredit und Banco Santander ihren ersten Laufzeitenden. Da die Anleihemärkte ein geringeres Kreditrisiko einpreisen als auf dem Höhepunkt der Pandemie im vorigen Jahr, werden wir wahrscheinlich sehen, dass diese Emittenten ihre Anleihen an diesen Tagen kündigen.