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Von Einhörnern und Heuschrecken

Von Monika Köppl-Turyna

Gastkommentare
Monika Köppl-Turyna ist Ökonomin und Direktorin des Forschungsinstituts Eco Austria.

Zwei Einhörner machen Österreich noch nicht zum Paradies für Start-ups.


Als "Einhorn" (engl. Unicorn) bezeichnet man Start-up-Unternehmen mit einem Wert von mehr als einer Milliarde Dollar. In Österreich konnten in diesem Jahr sogar gleich zwei gesichtet werden: Im März erhielt Bitpanda - eine Plattform für den Kauf und Verkauf von Kryptowährungen - eine Finanzierung, die die Bewertung des Unternehmens auf 1,2 Milliarden US-Dollar hob. In Juni folgte die Nachhilfeplattform GoStudent mit einer Bewertung von 1,4 Milliarden.

Und im Juli wurde der größte Deal der Start-up-Geschichte Österreichs abgeschlossen, als das Salzburger Unternehmen has.to.be um 250 Millionen Euro an ChargePoint verkauft wurde. Wer in den letzten Monaten die Wirtschaftsmedien verfolgt hat, könnte zu dem Schluss kommen, Österreich sei das nächste Silicon Valley. Leider ist das nicht ganz so einfach.

518 Millionen Euro sind im ersten Halbjahr an Start-ups mit Hauptsitz in Österreich geflossen, ein Vielfaches des Vorjahreszeitraums und rund doppelt so viel wie im gesamten Jahr 2020. Aber: Vier von fünf Euro flossen an die beiden Einhörner, alle anderen haben sogar weniger bekommen als im Krisenjahr 2020.

Die Finanzierungsrunden fielen im Schnitt kleiner aus, und klar: Die kleinen Runden von heute sind vielleicht die großen Runden in ein paar Jahren - aber dann müssen diese Finanzierungen jetzt auch wirklich klappen, etwa mit dem bereits 2019 angekündigten Digitalisierungsfonds.

Zwei Einhörner machen Österreich jedenfalls noch nicht zu einem Paradies für Start-ups und Risikokapitalgeber. 2019 betrugen die Investitionen aus Beteiligungsfinanzierungen (Venture Capital) nur 0,02 Prozent vom BIP. In Estland lag dieser Wert bei 0,13 und in den USA mit 0,63 mehr als dreißig Mal höher. In Österreich investiert viel häufiger als anderswo die öffentliche Hand - was zwar zu Marktverzerrungen führt, aber eben auch von Marktversagen zeugt. Wachsende erfolgreiche Unternehmen suchen dringend nach Geldgebern im Inland - meist kommt dann aber das Geld aus dem EU-Ausland und den USA, wo sich Investoren und der Fiskus über die Gewinne aus Österreich freuen dürfen. Im schlimmsten Fall verlassen prosperierende Unternehmen unser Land gleich ganz.

Wer weiteren Einhörnern ein Zuhause geben will, wird sich also mehr mit deren Bedürfnissen befassen müssen: Innovative Unternehmen und ihre Finanzierer brauchen eine günstigere Besteuerung von Körperschaften und Kapitaleinkommen, kleinere und mittlere Unternehmen ganz generell mehr Aufmerksamkeit. Eine steuerliche Privilegierung von Mitarbeiterbeteiligungen, neue Gesellschaftsformen oder auch eine Neuaufstellung der GmbH könnten Wunder wirken. Ziel aller Maßnahmen sollte sein, Gründerinnen und Gründer zu entlasten und ihnen den Zugang zu externem Eigenkapital zu erleichtern.

Und schließlich braucht es auch das Interesse und das Vertrauen der institutionellen Anleger, etwa den Pensionskassen und Stiftungen, um schon früh ausreichend Venture Capital für junge Unternehmen auf die Beine zu stellen.

Vieles davon steht bereits im Regierungsprogramm 2020-2024 - nun bedarf es nur noch der beherzten Umsetzung. Vielleicht sind dann die finanzstarken Einhörner auch in Österreich künftig nicht mehr ganz so rar wie derzeit.