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Die "grüne" Verantwortung und ihre Grenzen

Von Alexander Eberan

Gastkommentare
Alexander Eberan leitet das Private Banking Wien der Steiermärkischen Sparkasse.
© Steiermärkische Sparkasse / Thomas Raggam

Manche Wege in Richtung besserer Welt sind deutlich von der ursprünglichen, durchaus guten Absicht abgewichen.


Die Forderung der aktuell stark präsenten "grünen" Bewegung nach mehr Nachhaltigkeit ist wichtig und dringend notwendig. Die Maßnahmen müssen aber auch die richtige Wirkung erzielen. Es liegt in der Verantwortung der politischen Entscheidungsträger, der Großaktionäre und der Stakeholder, dass die Regelungen, die in den Unternehmen implementiert werden sollen, auch tatsächlich Nachhaltigkeit und Klimaneutralität garantieren.

Der Investor trägt zwar Verantwortung, hat aber oft - insbesondere als Privatanleger - gar nicht die Möglichkeit zu beurteilen, ob hinter bestimmten Maßnahmen tatsächlich ein langfristig nachhaltiger Ansatz steckt. Beispiele aus der Vergangenheit zeigen, dass manche Wege in Richtung einer besseren Welt deutlich von der ursprünglichen, durchaus guten Absicht abgewichen sind.

In der Ernährung beispielsweise wurde vor Jahren festgestellt, dass die in vielen Lebensmitteln enthaltenen Transfette gesundheitsschädlich sind, weil sie die Cholesterinwerte im Blut erhöhen. Als vermeintlich gesündere Alternative für den menschlichen Körper wurde Palmöl angepriesen. Die Nachfrage stieg rasant an und führte dazu, das Palmöl heute in den meisten Lebensmitteln enthalten ist. Palmöl ist aber inzwischen eines der umstrittensten Produkte, da es in jüngsten Studien nicht nur für die Gesundheit kritisch gesehen wird, sondern vor allem drastische Auswirkungen auf die Umwelt hatte und hat: Speziell in Südostasien wurden für den Anbau großflächige Regenwaldflächen gerodet. Dies hatte negative Auswirkungen auf die Erderwärmung und die Biodiversität in dieser Region, von den Arbeitsbedingungen für die in den Wäldern eingesetzten Arbeiter ganz zu schweigen.

Ein weiteres Beispiel, dass trotz "grün" wirkender Maßnahmen nicht immer die Umwelt der Hauptprofiteur ist, liefert der Ölkonzern BP. In seinem Bestreben, bis 2050 klimaneutral zu werden, hat BP im Sommer 2019 den kompletten Verkauf seiner Ölfelder in Alaska beschlossen. Neben monetären Gründen lastete auf dem Konzern auch enormer Druck von Share- und Stakeholdern. Auf den ersten Blick scheinen diese einen Erfolg bei der Erreichung "grüner" Ziele verbucht zu haben. Ein genauerer Blick entlarvt aber schnell die Umwelt als großen Verlierer dieser Transaktion. Denn laut einem Bericht von Bloomberg Green hat der Käufer der Ölfelder, das Privatunternehmen Hillcorp Energy Corp., seit der Übernahme des Betriebs die Produktionskapazitäten ausgeweitet und damit die bisherigen Emissionen um mehr als 8 Prozent erhöht. Die Tatsache, dass Hillcorp ein Privatunternehmen ist und keine Shareholder-Interessen befriedigen muss, macht den weiteren Umgang mit den Ölfeldern viel weniger transparent, als bei einem Großkonzern als Betreiber, der im internationalen Rampenlicht steht.

Eine Hoffnung ruht auf der UNO, die Ende September 2015 die sehr umfassende "Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung" implementiert hat. Alle 193 Mitgliedstaaten haben darin beschlossen, bis 2030 nachhaltige Entwicklungsziele zu erreichen oder zumindest bestmöglich darauf hinzuarbeiten.