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Der Green-Bond-Markt wird noch kräftig wachsen

Von Christian Kopf

Gastkommentare
Christian Kopf ist Mitglied des Union Investment Committee und leitet das Portfoliomanagement Renten.
© Axel Gaube

Die EU gibt den Startschuss für ihre erste grüne Anleihe. Sie könnte zum weltweit größten Emittenten von Green Bonds werden.


Europas Kapitalmarkt steht vor einer riesigen Umverteilung von Anlagemitteln hin zu grünen Projekten. Denn grüne Anleihen sind ein wichtiges Finanzierungsinstrument auf dem Weg zu einer klimaneutralen EU. Jetzt kann die Europäische Union loslegen: Mit dem "Green Bond Framework" hat sie sich am Dienstag den Rahmen gesteckt, um die Ausgabe eigener grüner Anleihen zu starten. Die erste grüne Anleihe der Gemeinschaft soll im Oktober auf den Markt kommen. Gut ein Drittel der Mittel für den Wiederaufbaufonds "Next Generation EU" (NGEU) - rund 250 Milliarden Euro - will die Staatengemeinschaft bis 2026 über Green Bonds finanzieren.

Wir begrüßen, dass die EU damit eine weitere "sichere" Anlage schafft - nur diesmal eben in Grün. Union Investment selbst verwaltet derzeit in Green Bonds ein Anlagevolumen von rund 7 Milliarden Euro. Die grünen Anleihen der EU werden auf einen sehr aufnahmefähigen und -willigen Markt treffen: Die Anleger stehen bereit, und die Dynamik im Markt bleibt hoch. Bis Ende 2022 wird das Volumen ausstehender europäischer grüner Anleihen unserer Prognose nach auf eine Billion Euro wachsen.

Die EU dürfte bis 2026 jährlich für bis zu 40 Milliarden Euro grüne Anleihen auflegen und rasch zum weltweit größten Emittenten von Green Bonds aufsteigen - noch vor Frankreich, das bisher grüne Anleihen über gut 38 Milliarden Euro begeben hat. Deutschland wiederum kann derzeit maximal 18 Milliarden Euro pro Jahr über grüne Bundesanleihen aufnehmen, obwohl die Nachfrage um ein Vielfaches höher wäre. Der Grund ist das geringe Ausmaß grüner Investitionen im Bundeshaushalt. Hier dürften die neuen Green Bonds der EU helfen, die Nachfrage der Investoren zu stillen.

Als wachsende Anlageklasse bieten grüne Anleihen nicht nur eine Möglichkeit, ethischen Überzeugungen am Kapitalmarkt Ausdruck zu verleihen, sondern auch Diversifikation und Ertrag im Rentenportfolio zu steigern. Sie sind aber keine Selbstläufer: Sowohl auf Ebene der einzelnen Emission als auch auf Ebene des Emittenten ist eine sorgfältige Analyse notwendig.

Die EU begibt ihre Green Bonds auf Grundlage des derzeit maßgebenden, anerkannten Branchenstandards der International Capital Market Association (ICMA). Dadurch wird Transparenz bezüglich der Verwendung der Mittel geschaffen und garantiert, dass eine zweite Meinung eingeholt wird, um die korrekte Mittelverwendung sicherzustellen.

Die grünen Anleihen, die die EU auf Grundlage des am Dienstag vorgestellten "Green Bond Framework" begibt, werden aber voraussichtlich nicht alle Kriterien des zukünftigen EU-Standards für Green Bond erfüllen. Denn die grünen Projekte des EU-Wiederaufbauprogramms müssten sonst zwingend die Vorgaben der EU-Taxonomie erfüllen, die künftig grüne Investitionen definieren soll. Dies ist aber nicht der Fall und zeigt, wie restriktiv der Vorschlag der EU für den Green Bond Standard durch den Verweis auf die EU-Taxonomie ist.