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Die Eurozone ist mit 100 Prozent des BIP verschuldet

Von Alexander Eberan

Gastkommentare
Alexander Eberan leitet das Private Banking Wien der Steiermärkischen Sparkasse.
© Steiermärkische Sparkasse / Thomas Raggam

Die EZB kann ihre Politik des "billigen Geldes" weiterführen.


Die Durchschnittsverschuldung der Euroländer ist zuletzt auf ein Rekordhoch von fast 100 Prozent des BIP geklettert. Hintergrund ist die anhaltend lockere Geldpolitik der EZB mit niedrigen Zinsen. Sie wird alles tun, um die Inflation erhöht, aber kontrolliert zwischen 2 und 4 Prozent pendeln zu lassen. Das ist zwar ein Ritt auf der Rasierklinge, doch die Erfolgschancen stehen gut. Denn die Ressourcen der EZB, weiterhin eine Politik des "billigen Geldes" zu betreiben, sind praktisch unbegrenzt, weshalb sich die Marktteilnehmer auf weiterhin tiefe Zinsen einstellen sollten.

In den vergangenen Jahren hat die EZB die Geldmenge stetig ausgeweitet. Ende August stieg ihre Bilanzsumme auf 8,2 Billionen Euro, rund 80 des BIP. Die analogen Zahlen der US-Notenbank Fed (37 Prozent) oder der Bank of England (39 Prozent) wirken dagegen bescheiden. Die Geldmenge setzt die EZB ein, um durch gezielte Anleihekäufe die Anleiherenditen am Kapitalmarkt auf einem historisch niedrigen Niveau zu halten. Die Schuldenquote gemessen am BIP stieg während der Pandemie in ungeahnte Höhen weiter. Dabei stechen Griechenland (209 Prozent), Italien (160 Prozent) und Portugal (137 Prozent) hervor. Österreich liegt noch unter dem EU-Durchschnitt (fast 100 Prozent), aber die Corona-Hilfen haben auch hier das Defizit auf nahezu 90 Prozent des BIP anwachsen lassen.

Die Mischung aus der langfristig offensiven Geldpolitik und dem aus der Balance geratenen Verhältnis zwischen Nachfrage und Angebot infolge der Pandemie macht die aktuelle Inflationslage besonders brisant. Bisher reagiert die EZB aber gelassen, argumentiert gut nachvollziehbar mit Sondereffekten und ließ bereits erkennen, eine Jahresinflation über ihr Wunschziel von 2 Prozent hinaus kurzfristig dulden zu wollen. Um den Staatsschuldenabbau in den nächsten Jahren zu erleichtern, werden Zinserhöhungen gewiss nur dann erfolgen, wenn die Inflation deutlich über das heutige Niveau ansteigt, quasi als Ultima Ratio.

Die Inflation liegt derzeit in Österreich bei mehr als 3 Prozent, in Deutschland bald bei 4 Prozent und in den USA sogar schon jenseits der 5 Prozent. Die Erklärung liegt in einer nie dagewesenen wirtschaftlichen Entwicklung, die den Namen Corona trägt. Die Pandemie ließ die Sparquote in Zentraleuropa auf fast 25 Prozent hochschnellen. Die Leute konsumierten und investierten schlagartig weniger, und die Finanzpolitik tat das, was schon zuvor perfekt funktioniert hatte: Sie erhöhte weiter die Geldmenge in immer schnellerer Geschwindigkeit. Der Nachfrageausfall wurde rasch aufgefangen, und die Wirtschaft konnte das vergangene Jahr besser verkraften, als es manche Ökonomen erwartet hatten. Nun nähert sich die Pandemie dank der Impfung einem Ende. Die jetzt überdurchschnittliche Nachfrage stieß allerdings auf ein Angebot, das durch unterbrochene Lieferketten, vor allem aus Asien, bis heute massiv schwächelt. Die Folge sind Preissteigerungen vor allem im Rohstoffbereich, in der Zulieferindustrie und zunehmend in der Verpackungsindustrie.

Daher ist es für den langfristigen Vermögensaufbau weiter essenziell, in höheren Veranlagungsformen, vor allem auch in Aktien investiert zu sein. Wer sein Geld auf dem Sparbuch bunkert, prolongiert den Kaufkraftverlust nach Inflation.