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3G-Kontrolle als Dilemma für Arbeitgeber

Von Sophie Pfitzner

Recht

Bei Verstößen haben Arbeitnehmer mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen zu rechnen - auch eine Entgeltkürzung zählt dazu.


Die von vielen Seiten geforderte 3G-Regel am Arbeitsplatz laut 3. Covid-19 Maßnahmenverordnung (MV) ist da. Nachdem sich Arbeitgeber in den vergangenen Monaten die Köpfe darüber zerbrachen, ob sie von ihren Mitarbeitern einen 3G-Nachweis verlangen dürfen, herrscht nun endlich Klarheit. Die 3G-Regel am Arbeitsplatz gilt ab 1. November überall dort, wo ein physischer Kontakt zu anderen Personen nicht ausgeschlossen ist. Das Vorliegen dieser Voraussetzung ist anhand einer Durchschnittsbetrachtung abstrakt und nicht jeweils am konkreten Tag der Arbeitsverrichtung zu beurteilen.

Ausnahmen sind für Tätigkeiten vorgesehen, bei denen kaum oder gar kein Kontakt mit anderen Menschen besteht (etwa für Lkw-Fahrer, Mitarbeiter im Homeoffice), oder, wenn höchstens mit zwei physischen Kontakten pro Tag zu rechnen ist, die im Freien stattfinden und jeweils nicht länger als 15 Minuten dauern. Bei Verstößen drohen Verwaltungsstrafen von bis zu 3.600 Euro für Arbeitgeber und 500 Euro für Arbeitnehmer. Das Tragen einer Schutzmaske ist dafür nicht mehr erforderlich (ausgenommen in Alten- und Pflegeheimen sowie in Spitälern, in welchen zusätzlich zum 3G-Nachweis ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden muss).

Bis einschließlich 14. November 2021 ist eine Übergangsphase vorgesehen, in der statt eines 3G-Nachweises auch eine FFP2-Maske getragen werden kann.

Die Kontrollpflicht muss zumutbar bleiben

Die Einhaltung der 3G-Regel am Arbeitsplatz ist vom Arbeitgeber stichprobenartig zu kontrollieren. Laut der rechtlichen Begründung zur 3. Covid-19-MV darf die Kontrollpflicht aber nicht überspannt werden und muss zumutbar bleiben. Eine darüber hinaus gehende Kontrolle wie eine tägliche Überprüfung beim Betreten des Arbeitsorts wäre wohl als Kontrollmaßnahme zu qualifizieren, für die die 3. Covid-19-MV keine Ermächtigung des Arbeitgebers vorsieht. Insofern gelten die allgemeinen arbeitsrechtlichen Bestimmungen, wonach der Arbeitgeber in Betrieben mit Betriebsrat diese Maßnahme nicht ohne dessen Zustimmung einführen kann. Gibt es keinen Betriebsrat, muss die individuelle Zustimmung jedes Mitarbeiters eingeholt werden, die dieser ohne Angabe von Gründen jederzeit widerrufen kann.

Dies stellt Arbeitgeber vor ein Dilemma. Einerseits wird der Arbeitgeber durch die Gesundheitsbehörde kontrolliert und drohen Strafen, wenn Mitarbeiter den Arbeitsort ohne 3G-Nachweis betreten. Andererseits darf keine lückenlose Kontrolle ohne Zustimmung des Betriebsrats oder der Mitarbeiter erfolgen und drohen bei Nichtbeachtung der Zustimmungserfordernisse arbeitsrechtliche Klagen.

Unsicherheiten betreffend 3G am Arbeitsplatz bleiben insofern für Arbeitgeber auch nach Inkrafttreten der betrieblichen 3G-Pflicht bestehen. In diesem Punkt wäre mehr Klarheit durch den Gesetzgeber wünschenswert gewesen. Um den Spagat zwischen dem Nichtüberschreiten der Kontrollpflicht und der Vermeidung von Verwaltungsstrafen zu schaffen, sollten Arbeitgeber neben stichprobeartigen Kontrollen auf Aushänge und schriftliche oder mündliche Belehrungen setzen, die von Mitarbeitern schriftlich bestätigt werden. So sollten Arbeitgeber in einem allfälligen Verwaltungsstrafverfahren beweisen können, dass sie all ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachgekommen sind und sie kein Verschulden an einem Verstoß durch den Mitarbeiter trifft. Folglich wäre nur der Mitarbeiter, nicht aber der Arbeitgeber zu bestrafen.

Verarbeitung der Daten im 3G-Nachweis nicht zulässig

Zu beachten ist, dass Inhaber einer Betriebsstätte oder Verantwortliche für einen Ort, an dem ein 3G-Nachwies erforderlich ist, gemäß § 1 Abs 5 3. Covid-19-MV nur berechtigt sind, die im 3G-Nachweis enthaltenen Daten zu ermitteln. Eine Vervielfältigung oder Aufbewahrung der Nachweise und der darin enthaltenen personenbezogenen Daten ist unzulässig. Diese Bestimmung wird nun auch für Arbeitgeber anwendbar sein. Die Erstellung einer Liste über das Vorliegen und die Gültigkeitsdauer des 3G-Nachweises durch den Arbeitgeber ist daher nicht zulässig.

Dies überrascht insofern, als bisher vertreten wurde, dass Arbeitgeber aufgrund ihrer Fürsorgepflicht berechtigt sind, das Datum der Abfrage, das Datum und die Art des Nachweises (Impfung/Test/Genesung) und den Namen des Mitarbeiters abzuspeichern und ehestmöglich wieder zu löschen. Eine Verarbeitung der Daten – unter Berücksichtigung der Datenminimierung – ist meines Erachtens aber zulässig, wenn darüber eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen wird oder in Betrieben ohne Betriebsrat die Zustimmung der Arbeitnehmer eingeholt wird.

Kündigungen und Entlassungen drohen

Da nun gesetzlich geregelt ist, dass Arbeitsorte nur mit einem 3G-Nachweis betreten werden dürfen, müssen Arbeitgeber Mitarbeiter ohne diesen Nachweis nachhause schicken. Eine solche Dienstverhinderung ist vom Arbeitnehmer selbst verschuldet, weshalb ihm für die Zeit, in der kein 3G-Nachweis vorgelegt wird, kein Entgelt zusteht. Der Arbeitgeber ist somit zur Kürzung des Entgelts berechtigt. Dies gilt freilich nicht für Mitarbeiter, die mit ihrem Arbeitgeber eine Homeoffice-Vereinbarung abgeschlossen haben und ihre Arbeit auch von Zuhause aus erledigen können. Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Homeoffice besteht weiterhin nicht. Eine Kündigung oder Entlassung wird bei einem einmaligen Verstoß jedoch nicht gerechtfertigt sein.

Kommen Arbeitnehmer ihrer Verpflichtung zur Vorlage eines 3G-Nachweis wiederholt und trotz Hinweises und Verwarnung durch den Arbeitgeber nicht nach, wird eine sozialwidrige Kündigung aus personenbezogen Gründen oder - je nach Einzelfall - auch eine Entlassung gerechtfertigt sein. In diesem Zusammenhang ist auf die aktuelle Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH 14.9.2021, 8 ObA 42/21s) hinzuweisen: Trotz einer bereits damals in der Covid-19-NotMV vorgesehenen Testpflicht war ein Krankenpfleger der Ansicht, er sei nicht verpflichtet, "im Sinne des Grundrechts auf Leben" einen Eingriff in seine psychische und physische Integrität gegen seinen Willen zu dulden und focht die daraufhin ausgesprochene Kündigung wegen eines "verpönten Motivs" an. Laut OGH ist die (beharrliche) Weigerung, sich der damals in § 10 Abs 4 Covid-19-NotMV vorgesehenen Testpflicht zu unterziehen, als unbegründet zu qualifizieren, weshalb der OGH die Kündigung als rechtswirksam beurteilte.

Die vom OGH in dieser Entscheidung entwickelten Grundsätze werden auch bei Kündigungen von Mitarbeitern heranzuziehen sein, die die Vorlage eines 3G-Nachweis verweigern.

Testkosten muss Arbeitnehmer übernehmen

Durch Inkrafttreten der 3G-Regel am Arbeitsplatz, gilt - sofern kein Impfnachweis oder ein Genesungszertifikat vorgelegt werden kann - eine Testpflicht. Arbeitnehmer haben eigenständig Sorge dafür zu tragen, dass sie am Arbeitsort über einen gültigen Nachweis verfügen. Testungen sind von Arbeitnehmern daher außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen. Sollten die Kosten für Testungen künftig nicht weiterhin vom Staat übernommen werden, werden Arbeitnehmer auch selbst für die Kosten aufkommen müssen.

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