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Zu Lebzeiten Vorsorge treffen

Von Katharina Braun

Gastkommentare

Gedanken zum Tod für Hinterbliebene.


Verstirbt ein naher Angehöriger, bereut man meist vor allem das, was man dieser Person nicht mehr sagen und mit dieser nicht mehr erleben kann. Dies insbesondere dann, wenn das Ableben vollkommen unerwartet war. Man sollte daher bereits zu Lebzeiten seinen Liebsten immer wieder seine Zuneigung und Anerkennung mitteilen. Es ist wichtig, Gefühle anzusprechen. Viele haben Angst, sich dadurch verletzlich zu machen. Doch in Wahrheit zeigt man dadurch Stärke. Im Ablebensfall ist man dann froh, sich dem Verstorbenen offenbart zu haben.

Hinterlässt der Verstorbene kleine Kinder, ist es an den Erwachsenen, deren Erinnerung an ihn aufrechtzuhalten. Dies könnte zum Beispiel ein Brief sein, in dem der Verstorbene beschrieben und geschildert wird, wie er das Kind geliebt hat; was er mit diesem unternommen hat. Der Brief kann dann dem Kind gleich und beispielsweise nochmals zu seiner Volljährigkeit übergeben werden. Gesammelt werden könnten auch Erinnerungen von Freunden und Angehörigen, die dem Kind ebenfalls überreicht werden. Auch könnte bei regelmäßigen Treffen (verbunden mit Grabbesuchen) ein gemeinsames Reflektieren an den Verstorbenen stattfinden.

Was ist wichtig im Leben?

Bei einer Trauerrede wird einem bewusst, worum es wirklich im Leben geht: Liebe, Zuneigung und für einander da sein. Bei einer Trauerrede interessiert sich die Trauergemeinschaft nicht für unternehmerische Kennzahlen oder welches Vermögen (das ist dann nur im Zuge der Verlassenschaftsabwicklung interessant) und welche Jobs ein Verstorbener ansammeln konnte. Es zählt dann, wie sehr der Verstorbene zu Lebzeiten um andere bemüht war und welche Spuren er bei seinen Mitmenschen hinterlässt. Wir sollten uns daher stets fragen, welche Fußspuren wir selbst hinterlassen wollen. An was für einen Menschen soll man sich bei uns selbst erinnern? Eine gute Übung zur Eigenreflexion kann es sein, seine eigene Trauerrede zu schreiben.

Erlebt man einen Trauerfall, ist man erstaunt, von wie vielen Schicksalschlägen und Trauerfällen man im eigenen Umfeld erfährt. Denn auf einmal offenbaren auch Mitmenschen ihre eigenen Tragödien. Das schafft menschliche Nähe. Auf einmal versteht man zum Beispiel, dass der Nachbar bisher nicht aufgrund scheinbarer persönlicher Ressentiments einem gegenüber kurz angebunden war, sondern weil er selbst etwas Trauriges zu verarbeiten hat.

Kennt man die Hintergrundgeschichte, sieht man seine Mitmenschen oft in einem ganz anderen Licht. Natürlich heißt das nicht, dass man mit seinem Schicksal hausieren gehen soll, doch im persönlichen Umfeld ist ein offener Umgang durchaus wichtig. So ist es auch im Job wichtig einzugestehen, dass man aufgrund eines Trauerfalls derzeit nicht voll leistungsfähig ist. Dadurch können dann die Kollegen und auch der Chef entsprechende Unterstützungsmaßnahmen treffen. Tut man dies nicht, läuft man Gefahr, dass man wegen allenfalls mangelhafter Leistung sich weitere Belastungen einfährt.

Wir alle haben unsere Schwächen. Kein Mensch ist perfekt. Im Ablebensfall erfährt man oft, wie viel Druck auf Verstorbenen zu Lebzeiten lastete, um Erwartungen der Gesellschaft gerecht zu werden. Oft werden Vermögenswerte und Beförderungen errungen, um damit Leute zu beeindrucken, denen wir und die uns im Grunde nichts bedeuten. Wir können uns nichts ins Grab mitnehmen. Kümmern wir uns doch um die Qualität der Beziehungen zu den uns nahestehenden Menschen.

Für Trauernde da sein

Der Mensch weiß zwar um seine eigene Endlichkeit, verhält sich aber so, als würde er ewig leben. Fix ist der Tod, allein wann dieser eintritt, wissen wir nicht. So abgedroschen es klingen mag: Zeit ist sehr kostbar. Zeit sollten wir daher nur jenen Menschen schenken, die es verdienen. Beziehungen, bei denen man von vornherein weiß, dass diese nur eine Übergangslösung sind, sollten vermieden werden. Denn wir sollten weder uns noch anderen Zeit stehlen. Eine Beziehung, die nicht aus wechselseitigem Respekt, Anteilnahme und schönen gemeinsamen Erlebnissen besteht, kann und sollte man sich nicht leisten.

Aus Angst, nicht zu wissen, was sie zu einem Trauernden sagen sollen, meiden viele den Kontakt zur trauernden Person. Dabei kann schon ein kurzer Telefonanruf, in dem man Hilfe anbietet, einem Trauernden signalisieren, dass man für ihn da ist. Unterstützung kann etwa auch darin bestehen, den Einkauf zu erledigen oder Essen zu bringen. Es ist schon hilfreich, wenn die trauernde Person Anteilnahme spürt und weiß, dass Menschen für sie da sind.

Aussprache zu Lebzeiten

Jeder Mensch hat seine Geheimnisse. Kleine Ticks, wie der heimliche Griff in die Süßigkeitenlade oder die heimliche Genusszigarre sind natürlich absolut in Ordnung. Handelt es sich jedoch um größere Geheimnisse, die oft dann im Ablebensfall ans Tageslicht kommen, so wirft dies meist viele (unklärbare) Fragen auf. Dies belastet die Hinterbliebenen sehr. Wichtig ist es daher, bereits zu Lebzeiten reinen Tisch zu machen.

Ich erlebe es immer wieder, dass nahe Angehörige aufgrund irgendeines Grolls jahrelang den Kontakt zueinander abbrechen. Selbst wenn der eine dann todkrank ist, versperrt sich oft einer einem versöhnenden Gespräch. Viele bereuen dies aber später entsetzlich. Wichtig ist es daher, für eine Aussprache zugänglich zu sein. Dies nicht nur für den anderen, sondern vor allem auch für sich selbst.

Ebenso wichtig ist es, seine Vermögensfolge zu Lebzeiten zu regeln und so für Klarheit unter den Erben zu sorgen. Bei minderjährigen Erben kann es zudem sehr hilfreich sein, nähere Anordnungen und Auflagen sein Vermögen betreffend zu veranlassen. So könnte zum Beispiel geregelt werden, dass das vererbte Haus nicht vor Volljährigkeit verkauft werden soll.

Die Hinterbliebenen befinden sich oft nach der Todesnachricht in einem Schockzustand, in einem Zustand der Handlungsunfähigkeit. Da kann es enorm hilfreich sein, wenn der Verstorbene nähere Angaben zu seiner Trauerfeier gemacht hat (zum Beispiel in Bezug auf die Musik oder die Art und den Ort der Bestattung) oder auch eine Auflistung aller seine Vermögenswerte und Verträge (die dann ja auch zu kündigen sind) sowie Kontakte (dies auch für die Versendung der Parte).

Psychologische Hilfe

Sehr zu empfehlen ist Trauernden die Inanspruchnahme von psychologischer Hilfe. So gibt es beispielsweise in Niederösterreich einen psychosozialen Notdienst des Landes, bei dem der Therapeut in der Akutphase auch zu der betroffenen Person nach Hause kommt: www.noe.gv.at/noe/SozialeDienste-Beratung/Krisentelefon.html. Die Kosten übernimmt das Land Niederösterreich. Der Therapeut hilft den Trauernden, wieder eine erste Stabilität zu erlangen und Gedankenkreise zu durchbrechen.