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Freikirchen als christliches Alternativmodell

Von Franz Graf-Stuhlhofer

Gastkommentare
Franz Graf-Stuhlhofer ist Lehrbeauftragter an der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien/Krems (www.graf-stuhlhofer.at).
© privat

Freikirche ist nicht gleich Freikirche. Das wird oft übersehen.


In den vergangenen Jahren wurden Freikirchen mehrmals in Medien erwähnt, manchmal mit dem Zusatz, die hier kritisierte freikirchliche Gemeinschaft gehöre nicht zu den gesetzlich anerkannten Freikirchen in Österreich. Ohne genauere Erläuterung kennen sich Außenstehende bei solchen Meldungen kaum aus. Schon die Bezeichnung "Freikirche" drückt den Gegensatz zu einer Staats- oder Landeskirche aus. Seit Jahrhunderten sprachen sich Freikirchen und ihre Vorläufer für eine Trennung von Kirche (oder Religion) und Staat aus. Eine solche wurde in der westlichen Welt mittlerweile umgesetzt (anders als in vielen islamisch geprägten Ländern). Die Freikirchen in Österreich (FKÖ) verstehen eine solche Trennung nicht radikal, es bleiben also Verbindungen zwischen Kirche und Staat bestehen: Freikirchliche Christen beten für Politiker, beteiligen sich an Wahlen (durchaus mit bestimmten weltanschaulichen Präferenzen) und unterstützen etwa beim Religionsunterricht eine Kooperation von Staat und Kirche.

Das Hauptanliegen der Trennung von Kirche und Staat bestand darin, dass der Herrscher seinen Untertanen nicht mehr vorschreiben sollte, was sie religiös zu glauben und zu praktizieren hatten - wie das in Österreich jahrhundertelang seitens der Habsburger geschah: Die Einwohner hatten katholisch zu sein, Evangelische wurden ausgewiesen und Täufer getötet. Die heutigen FKÖ befürworten die "persönliche freie Glaubensentscheidung", die oft durch den Wunsch nach einer "Glaubenstaufe" zum Ausdruck kommt. Sie lehnen eine Taufe von Säuglingen ab - stattdessen gibt es eine Kindersegnung im Rahmen eines Gottesdienstes, also im Beisein der ganzen Gemeinde. Sie betonen die "Selbständigkeit der Ortsgemeinde". Trotz dieser Betonung schlossen sich viele Gemeinden zu jeweils einem Bund zusammen. Innerhalb eines gewissen Rahmens, der durch die Vereinbarungen zwischen den verbündeten Gemeinden gebildet wird, kann jede einzelne frei entscheiden. Damit ist auch viel Konfliktpotenzial innerhalb einer Gemeinde verbunden, und es kam häufig zu Spaltungen einzelner Gemeinden. Hier besteht ein Unterschied zu einer hierarchisch strukturierten Kirche, in der im Streitfall ein übergeordneter Bischof entscheiden kann.

Insgesamt fünf solcher Gemeinde-Bünde - Pfingst-, Baptisten-, Mennoniten- und Elaia-Christengemeinden sowie Evangelikale - vereinigten sich zu den Freikirchen in Österreich, die 2013 durch eine von der damaligen Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) unterzeichnete Verordnung zu einer gesetzlich anerkannten Kirche wurden. Ein Ergebnis dieser Anerkennung ist der freikirchliche Religionsunterricht an öffentlichen Schulen.

Zur flachen Hierarchie passt auch, dass der Vorsitz des Rates der FKÖ alle zwei Jahre wechselt, sodass jeder Bund gleich oft den Vorsitzenden stellt. Aktuell ist es Karl Peloschek. Er kann von Medien kontaktiert werden, etwa wenn eine freikirchliche Gemeinschaft in die Schlagzeilen kommt. Dann lässt sich rasch klären, ob diese Gruppe zu den FKÖ gehört, und eventuell auch, um welche christliche Bewegung es sich eigentlich handelt.