Zum Hauptinhalt springen

Die EU-Nachhaltigkeitsziele auch richtig umsetzen

Von Hannes Dolzer

Gastkommentare
Hannes Dolzer ist Obmann des Fachverbands der Finanzdienstleister in der Wirtschaftskammer Österreich.
© WKÖ / Fachverband Finanzdienstleister

Wird die künftige Taxonomieverordnung halten, was sich die EU davon verspricht?


Im März 2018 veröffentlichte die Europäische Kommission einen Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums. Die Kernziele dieses Aktionsplans bestehen darin, Kapitalflüsse auf nachhaltige Investitionen umzulenken, finanzielle Risiken, die sich aus dem Klimawandel, ergeben, zu reduzieren beziehungsweise zu bewältigen, sowie Nachhaltigkeit im Finanzwesen zu fördern. Erreicht werden soll dies in erster Linie durch die Einführung und Umsetzung der Offenlegungsverordnung (EU-Verordnung 2019/2088), der Taxonomie-Verordnung (2020/852) und der Referenzwerte-Verordnung (2019/2089). Für den Finanzsektor von besonderer Relevanz sind dabei die Offenlegungs- und die Taxonomie-Verordnung. Erstere ist seit 10. März 2021 in Kraft und regelt, dass (und wie) Finanzmarktteilnehmer Informationen über Nachhaltigkeitsrisiken in ihren Prozessen und bei Beratungen von Anlegern zu berücksichtigen haben. In der Taxonomie-Verordnung geht es darum, feststellen zu können, ob eine wirtschaftliche Tätigkeit nachhaltig ist und wie der Grad der Umweltverträglichkeit einer Investition zu bewerten ist.

Eine nachhaltige Investition liegt gemäß Artikel 3 der Taxonomie-Verordnung primär dann vor, wenn sie einen wesentlichen Beitrag zur Verwirklichung eines oder mehrerer Umweltziele leistet und nicht zu einer bestimmten erheblichen Beeinträchtigung eines Umweltzieles führt. Die Taxonomie-Verordnung konzentriert sich bei der Definition der Nachhaltigkeit auf die Umweltfaktoren der ESG-Kriterien (Environment, Social, Governance) und nennt folgende sechs Umweltziele:

Klimaschutz;

Anpassung an den Klimawandel;

nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen;

Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft;

Vermeidung von Umweltverschmutzung;

Schutz gesunder Ökosysteme.

Im Rat der Europäischen Union findet diesbezügliche eine spannende Diskussion darüber statt, ob die Atomenergie oder die Energiegewinnung aus Gas nachhaltig ist oder nicht. Dabei spielen offenbar auch nationale Interessen eine Rolle. So möchten zwölf Länder, angeführt von Frankreich und Finnland, die Kernenergie einbeziehen.

Insgesamt besteht die Gefahr, dass sich die Ziele des Aktionsplans zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums aus zu vielen einzelnen Teilen zusammensetzen, die dann doch nicht ganz zusammenpassen. Es ist auch fraglich, ob das ursprüngliche Ziel mit der Taxonomie-Verordnung, eine einfache Orientierungshilfe zu gestalten, in der vorliegenden Form erreicht wird. Da sollte auch die Bürokratielast für kleine und mittlere Unternehmen nicht übersehen werden. Darüber hinaus kann die verpflichtende Abfrage von Nachhaltigkeitspräferenzen bei der Beratung von Anlegern dazu führen, dass diese in Produkte geleitet werden, die von ihnen nicht primär präferiert werden.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass das Gesamtziel, nachhaltiges Wachstum zu fördern, jedenfalls erstrebenswert ist - es ist aber zu hoffen, dass auch die Umsetzungsvorschriften die Erreichung des Zieles fördern.