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Sollen ungenutzte Wohnungen etwas kosten?

Von Richard Sterl

Gastkommentare
Richard Sterl lebt in Wien und ist Eigentümer von dem Richtwertsystem unterliegenden Mehrparteienhäusern und dem Wohnungseigentumsgesetz unterliegenden Wohnungen. Sterl ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater und war bis zu seiner Pensionierung 30 Jahre bei Ernst & Young tätig.
© Foto Nitsche

Die Stadt Wien schiebt beim Thema Leerstandsabgabe den Bund vor.


Finanzstadtrat Peter Hanke und Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál als Galionsfiguren der Wiener SPÖ möchten eine Leerstandsabgabe für unvermietete Wohnungen einführen, wissen aber nicht, wie viele es davon in Wien gibt, wie hoch die Abgabe sein soll, und sagen nicht, ob diese Abgabe ausschließlich für den privaten Bereich oder auch für den öffentlichen Bereich (also Wiener Wohnen) geplant ist und ab welcher Dauer der "Unvermietetheit" sie zu entrichten sein soll.

Daraus resultiert jedenfalls, dass die beiden gar nichts zu den Kriterien für eine solche Abgabe sagen können oder wollen (?), und auch nicht, was die Abgabe in Summe bringen würde. In einem Konzern wäre eine solche unprofessionelle Vorgangsweise nicht von Erfolg gekrönt. Freilich kann eine Stadt nicht 1:1 damit verglichen werden, in vielen Bereichen allerdings schon.

Wie ich - nicht wirklich überrascht - lese, "freut die Wiener Grünen die neue Bereitschaft der Wiener Stadtregierung". Für die Wiener Neos-Abgeordnete Selma Arapovic steht "eine Leerstandsabgabe für uns Neos nicht zur Diskussion". Und die ÖVP, vertreten durch Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck, meint: "Die Bundesregierung wird gemeinsam mit den Ländern den Leerstand mobilisieren. Das wurde im Regierungsprogramm verankert." Na, wenn’s im Regierungsprogramm steht . . .

Bundesweit - wie immer in Österreich aufgrund des Gamsbart-Föderalismus (Zitat Josef Urschitz) - ist natürlich alles anders. So haben sich laut einer E-Mail des Büros von Frau Gaál an mich Salzburg und Innsbruck für eine Leerstandsabgabe ausgesprochen, angeblich in Salzburg sogar mit Zustimmung der Neos. Die "heiße Kartoffel" wird zwischen Bund und Ländern hin- und hergeworfen.

Ohne auf die Sinnlosigkeit beziehungsweise Sinnhaftigkeit eines solchen Vorhabens einzugehen, was angesichts der nicht vorliegenden Daten seriös auch nicht möglich ist, halte ich das für einen unzulässigen Eingriff ins Privateigentum und - wie andernorts geschrieben - "den ersten Schritt zur Enteignung". Wie ebenfalls andernorts geschrieben, hat "jeder das Recht, mit seinem Eigentum verfahren, wie er will" - dem ist nichts hinzuzufügen. Aber mit Eingriffen ins Privateigentum haben SPÖ und Grüne in Wien ja kein Problem, siehe den im Jahr 2020 verordneten Flächenwidmungsplan (willkürliche Herabsetzung der Bauklassen) und die Verhängung sogenannter Schutzzonen im 22. Bezirk.

Jeder wirtschaftlich denkende Wohnungseigentümer hat übrigens ein Interesse, seine Immobilie(n) nicht jahrelang leerstehen zu lassen, sondern möglichst rasch zu vermieten; nicht zuletzt, weil die Betriebskosten ja weiterlaufen. Und wenn die SPÖ argumentiert, Wohnen sei ein Grundrecht - das steht weder im Staatsgrundgesetz über die Allgemeinen Rechte der Staatsbürger 1867 (StGG) noch in der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK). Richtig ist, dass Wohnen ein Grundbedürfnis ist, aber kein Grundrecht. Unter Grundrechten werden verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte verstanden, die Einzelpersonen vor Eingriffen des Staates schützen sollen. Es handelt sich dabei um Rechte, die grundsätzlich jeder Einzelperson gegenüber dem Staat durch Rechtsvorschriften im Verfassungsrang eingeräumt sind. Übrigens, was ist eigentlich mit dem Recht auf Eigentum? Darüber ist nachzulesen in Artikel 5 StGG und Artikel 1 EMRK.

Wenn Wohnbaustadträtin Gaál nun doch in einem Interview "gegen eine Abgabe auf leer stehende Wohnungen ist" (so schnell kann man seine Meinung ändern), aber die SPÖ mittels einer "bundesweiten Datenbank erfassen sollte, wie groß das Problem überhaupt ist", frage ich mich, auf welcher rechtlichen Grundlage. Und wer kann mich als Eigentümer zwingen, allfällige Leerstände bekanntzugeben?

Der Autor lebt in Wien und ist Eigentümer von dem Richtwertsystem unterliegenden Mehrparteienhäusern und dem Wohnungseigentumsgesetz unterliegenden Wohnungen. Sterl ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater und war bis zu seiner Pensionierung 30 Jahre bei Ernst & Young tätig.