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Jenseits des Erwartbaren

Von Monika Rosen

Gastkommentare
Monika Rosen ist Börsen-Expertin und Vizepräsidentin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft. Mehr als 20 Jahre war sie Chefanalystin einer österreichischen Großbank. Twitter: @Monika_Rosen

Da wir offenbar in einer Zeit der Desillusionierung leben, wollen wir gleich zu Beginn mit ein paar romantischen Vorstellungen aufräumen. Eine Befragung der britischen Barclays Bank aus dem Vorjahr ergab, dass die Menschen finanzielle Entscheidungen für schwieriger halten als die Partnersuche. Hauskauf, Jobwechsel, Investition einer großen Summe - all das bereitet mehr Kopfzerbrechen als die Ausschau nach einem neuen Love Interest. Wenn man jetzt einmal von der tiefenpsychologischen Komponente absieht, so zeigt das Ergebnis vor allem den großen Respekt, der dem Thema Finanzen entgegengebracht wird, und zwar von beiden Geschlechtern.

Eine genauere Analyse der Daten bringt dann natürlich durchaus erwartbare Ergebnisse. Während 17 Prozent der befragten (britischen!) Männer Aktien oder Fonds besitzen, sind es bei den Frauen nur 10 Prozent. Bei den Online-Banken ist das Verhältnis männlicher zu weiblicher Kunden 7:3. 55 Prozent der Britinnen haben noch nie Wertpapiere gekauft, bei den Männern sind es nur 37 Prozent.

Interessant ist auch, welche Investment-Ziele angegeben werden. Während Frauen bei ihrer Anlagestrategie immer eine Absicht verfolgen, etwa finanzielle Absicherung für sich selbst oder ihre Familie, sehen Männer Investieren offenbar eher als Selbstzweck. Sie wollen einfach nur Rendite holen, was dann oft zu riskanteren Manövern und potenziellen Verlusten führt. Die Frage, ob Männer oder Frauen langfristig die bessere Performance erzielen, ist übrigens schwerer zu beantworten, als man auf den ersten Blick glauben sollte.

Relativ gesichert ist die Tatsache, dass Männer das Portfolio öfter umdrehen. Das wiederum generiert mehr Spesen, und allein diese Tatsache belastet schon das Ergebnis. Die Anlageklasse mit der größten männlichen Dominanz ist übrigens gleichzeitig die jüngste, nämlich Kryptowährungen. Aber auch wenn viele dieser Daten kaum jemanden überraschen, gilt es mehr denn je, Frauen weltweit einen informierten und selbstbestimmten Zugang zu finanziellen Themen zu ermöglichen. Das sollte wirklich keine unerfüllbare Erwartung mehr sein.