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Kostentransfers ja, Preisdeckelungen nein

Von Christian Kimmich und Klaus Weyerstraß

Gastkommentare

Ein staatlicher Markteingriff bei den Energiepreisen ist problematisch.


Angesichts der stark gestiegenen Energiepreise werden die wirtschaftspolitischen Möglichkeiten diskutiert, private Haushalte und Unternehmen zu entlasten. Generell stehen die folgenden Optionen zur Verfügung:

- direkte Eingriffe in die Preissetzung, etwa durch gesetzliche Höchstpreise;

- Senkung der Steuern auf Energieträger;

- Gewährung von Transfers an private Haushalte beziehungsweise von Subventionen an Unternehmen;

- Gewährung von Realtransfers, etwa in Form eines subventionierten öffentlichen Nahverkehrs.

Diese Handlungsmöglichkeiten zur Entlastung der privaten Haushalte werden im Folgenden basierend auf Erkenntnissen der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung diskutiert. Nicht diskutiert wird hier die etwaige Besteuerung der "vom Himmel gefallenen Gewinne" ("windfall profits), die auf den Energiemärkten entstehen. Diese bedarf einer getrennten Betrachtung, würde aber an den Preisen nur mittelbar etwas ändern.

Auch wenn einige Länder in Europa zum Instrument der Deckelung von Energiepreisen gegriffen haben, ist ein solcher staatlicher Markteingriff problematisch. Er ist nur dann gerechtfertigt, wenn kein vollständiger Wettbewerb existiert, insbesondere bei natürlichen Monopolen. Das ist zum Beispiel der Aufbau und Betrieb von Gasnetzen, der mit hohen Errichtungskosten, aber sehr geringen Kosten der Versorgung eines weiteren Haushalts verbunden sind. Hier sind aber Regulierungsbehörden zuständig, die auch über das entsprechende ökonomische Know-how zur dynamischen Anreizregulierung verfügen.

Bei einem nicht regulierten hohen Preis ist in erster Linie dessen Anreizwirkung zu beachten. In Zeiten eines rasch voranschreitenden Klimawandels ist der Ausstieg aus fossilen Energieträgern essenziell. Steigende Energiepreise bringen einen starken Anreiz mit sich, sparsamer mit Energie umzugehen, sei es durch geringere Geschwindigkeiten im Autoverkehr, einen Umstieg auf den öffentlichen Verkehr oder bewussteres Heizen im privaten Bereich. Auch lohnen sich Investitionen in die thermische Gebäudesanierung und die Nutzung regenerativer Energiequellen umso mehr, je teurer fossile Energieträger sind.

Höchstpreise würden zu Rationierung führen

Daneben würden Höchstpreise zu Rationierung führen, denn manche Anbieter, die nun nicht mehr die gestiegenen Kosten in die Verbraucherpreise weiterwälzen könnten, würden aus dem Markt ausscheiden. Mit dieser Angebotsverknappung würde sich der Druck auf die Preise noch weiter verstärken. Sollten Höchstpreise über einen längeren Zeitraum bestehen bleiben, würde damit auch die Schattenwirtschaft gefördert, denn es gibt Konsumenten, die eine hohe Zahlungsbereitschaft haben. Eine solche Maßnahme wäre auch nicht treffsicher, da sie allen Haushalten und Unternehmen gleichermaßen zugutekäme.

Auch eine Senkung der Steuern auf Energieträger ist aus ökonomischer Sicht abzulehnen. Dies führt zu erheblichen Einnahmeausfällen des Staates, die auf der Ein- oder Ausgabenseite entsprechend kompensiert werden müssten. Gleichzeitig ist die Maßnahme nicht treffsicher, denn es profitieren alle Verbraucher davon. Die Entlastung steigt sogar absolut mit steigendem Einkommen, denn Bezieher hoher Einkommen dürften im Allgemeinen auch eher als Bezieher mit geringem Einkommen Fahrzeuge mit hohem Spritverbrauch nutzen. Zu beachten ist auch, dass sich Österreich im Rahmen des Nationalen Energie- und Klimaplans vorgenommen hat, Subventionen im Bereich fossiler Energien abzubauen. Eine Senkung von Verbrauchssteuern würde diesen Plan konterkarieren.

Besonders betroffene Haushalte gezielt entlasten

Dagegen bietet die Gewährung monetärer Transfers an private Haushalte die Möglichkeit, sehr gezielt und treffsicher die von den hohen Energiepreisen besonders betroffenen Haushalte zu entlasten. Bei den Haushalten ist auch eine Staffelung der Transfers nach dem Einkommen möglich. Die Kombination aus hohen Energiepreisen und direkten Transfers ermöglicht zudem die gleichzeitige Verfolgung allokativer und distributiver Ziele. Der Lenkungseffekt hoher Energiepreise, also die Anreize, fossile durch regenerative Energieträger zu ersetzen, bleibt durch die hohen Energiepreise bestehen.

Gleichzeitig können aber die sozialen Folgen für ärmere Haushalte gezielt abgefedert werden. Der pro Kopf ausgezahlte Klimabonus ist gerade für Haushalte mit geringerem beziehungsweise emissionsarmem Verbrauch besonders attraktiv. Auch die Gewährung von Realtransfers, etwa durch die Bereitstellung eines stärker subventionierten öffentlichen Nahverkehrs, ist ein probates und treffsicheres Mittel, um besonders betroffene Haushalte von den Folgen hoher Energiepreise zu entlasten. Es haben sich bereits Mikro-Systeme im öffentlichen Verkehr etabliert, die nachfrageorientiert die Mobilität im ländlichen Raum ermöglichen. Durch die Staffelung des Klimabonus in vier Stufen wird der ländliche Raum bereits stärker berücksichtigt, aber auch Verbesserungen im öffentlichen Personenverkehr, vor allem im ländlichen Raum, wären hilfreich.

Während wir also durch Preisdeckelungen oder Steuersenkungen nur scheinbare kurzfristige Entlastungen erreichen könnten, würden finanzielle oder reale Transfers tatsächlich und gezielt zu einer Entlastung der privaten Haushalte führen.•