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Wie die Regierung Impfskeptiker erzeugt

Von Christian Ortner

Gastkommentare

Wenn man verspricht, was nicht realistisch ist, bestärkt man damit die Schwurbler.


Dass die sogenannte Wissenschaftsskepsis - man könnte auch weniger höflich von einer Form intellektueller Minderausstattung sprechen - in Österreich erschreckend hoch ist, wissen wir nicht erst seit Corona. Diese Skepsis dem Rationalen, der Wissenschaft und der Aufklärung gegenüber gebiert eine im europäischen Vergleich hohe Neigung zu esoterischem, scheinmedizinischem Unfug aller Art, zu Homöopathie und allen anderen Erscheinungsformen der Quacksalberei, und spiegelt sich letztlich auch in einer beschämend niedrigen Covid-Impfquote wider. Das ist nicht nur für die Gesundheit der Österreicher, sondern letztlich auch für Österreich als Wissenschaftsstandort ein Problem.

Um beides etwas in den Griff zu kriegen, lanciert die Regierung nun zwei Initiativen. Eine, die schon in den Medien zu sehen ist, soll die Impfbereitschaft erhöhen (www.gemeinsamgeimpft.at). Die andere, längerfristig geplante des Wissenschaftsministers soll mithilfe etwa der "Science Busters" das Interesse der Österreicher für wissenschaftliches Denken anregen und die Wissenschaftsfeindlichkeit bekämpfen.

Beides sind gewiss höchst ehrbare Anliegen, freilich mit einem kleinen Problem. Denn betrachtet man die Aussagen von "Gemeinsam geimpft" etwas näher, halten die wissenschaftlichen Ansprüchen nicht einmal annähernd stand. Leider ist diese Kampagne nicht viel evidenzbasierter als vieles, was man auf Schwurbler-Demos so hört. Da wirbt etwa ein Teenager für die Impfung, weil "Schmusen beim ersten Date" dann wieder problemlos möglich sei, eine Seniorin im Heim mit "Endlich wieder Besuch - geht sicher" oder eine junge Mutter im Park mit "Endlich wieder gemeinsam spielen - geht sicher".

Hier wird eine ganz klare Botschaft verbreitet: Wer sich impfen lässt, kann wieder ganz normal seine sozialen Kontakte pflegen, ohne befürchten zu müssen, sich anzustecken - oder andere zu infizieren. Und das ist nach allem, was wir wissen, einfach falsch. Die Impfung hilft bekanntlich sehr gut gegen schwere Erkrankungen, aber vor Ansteckung schützt sie nur in einem geringeren Ausmaß. "Es muss (. . .) davon ausgegangen werden, dass Menschen nach Kontakt mit Sars-CoV-2 trotz Impfung PCR-positiv werden und dabei auch Viren ausscheiden und infektiös sind", konstatiert lapidar das deutsche Robert-Koch-Institut. Das belegt auch die Empirie - nahezu jeder kennt mittlerweile zahlreiche Fälle, wo Menschen sich trotz dreifacher Impfung angesteckt haben; in aller Regel allerdings ohne dabei schwer zu erkranken.

Damit ist freilich eines völlig klar: Auch wer geimpft ist, kann nicht ohne Ansteckungsrisiko die Oma im Heim besuchen, beim ersten Date schmusen oder im Park mit anderen Kindern spielen. Das gibt die Impfung wissenschaftlich schlicht und einfach nicht her. Dies trotzdem und wider besseres Wissen zu behaupten, ist ungefähr so wissenschaftlich wie die Bekämpfung des Coronavirus mit Entwurmungsmitteln. Es entbehrt nicht einer gewissen heiteren Note, dass eine Regierung, die sich die Bekämpfung der Wissenschaftsskepsis zum Ziel gemacht hat, hier Impfversprechungen affichiert, die nicht eingehalten werden können - was natürlich die Wissenschaftsskepsis weiter befeuern wird.