Zum Hauptinhalt springen

Beim Wirtschaftsstandort Österreich brennt der Hut

Von Harald Breit

Gastkommentare
Harald Breit ist Chef des Beratungsunternehmens Deloitte Österreich. Die Standortanalyse "Deloitte Radar" ist hier nachzulesen: www.deloitte.at/radar.
© Deloitte / feelimage / Matern

Wollen wir es uns in Mittelmäßigkeit und Abhängigkeit weiter gemütlich machen?


Der österreichische Wirtschaftsstandort steht unter Druck: Die Folgen der Corona-Pandemie sind noch nicht bewältigt, gleichzeitig erschüttert der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine die Wirtschaft. Bei den Unternehmen wachsen die Sorgenfalten. Was können wir tun, um den Standort resilient für die Herausforderungen der Zukunft zu machen?

In den Analysen vergleicht Deloitte seit Jahren Österreich mit anderen Volkswirtschaften. Dazu analysieren wir internationale Rankings und befragen heimische Führungskräfte. Das Ergebnis ist heuer besonders ernüchternd: Österreich ist im europäischen Vergleich seit Jahren leider nur Mittelmaß. Vergleichbare Volkswirtschaften wie Schweden, Dänemark, Finnland oder die Schweiz liegen regelmäßig weit vor uns. Ihre Innovationskraft, Wachstumsraten und Wettbewerbsfähigkeit sind deutlich höher als die Österreichs - damit können und dürfen wir uns nicht zufriedengeben.

Österreich hat zudem die Folgen der Corona-Pandemie im europäischen Vergleich nur durchschnittlich gemeistert. Bei volkswirtschaftlichen Parametern wie Wachstum, Arbeitslosenrate und Staatsverschuldung liegen wir bestenfalls nur im Mittelfeld der EU. Die Folgen des Ukraine-Krieges zeigen gleichzeitig die Schwachstellen unserer Volkswirtschaft auf, etwa die Abhängigkeit in der Energieversorgung von fossilen Energieträgern vor allem aus Russland. Das macht den Standort unsicher und angreifbar. Keine guten Voraussetzungen für Unternehmen und Investoren.

Wollen wir es uns in dieser Mittelmäßigkeit und Abhängigkeit weiter gemütlich machen? Wollen wir mit der Gefahr leben, weiter abzurutschen? Dazu ein klares "Nein". Denn Stillstand bedeutet schlussendlich immer Rückschritt, und das ist brandgefährlich. Es ist an der Zeit, dass wir uns ambitionierte Ziele setzen und die Krise als Chance für einen grundlegenden Wandel begreifen. Warum soll es nicht unser Ziel sein, in den nächsten Jahren unter die Top-5-Standorte in Europa zu kommen? Österreich hat das Potenzial dazu.

Die heimischen Führungskräfte haben konkrete Ideen und Vorstellungen, wie dieser Wandel gelingen kann. Wirft man einen Blick auf die fünf wichtigsten Forderungen, die sich aus der aktuellen Befragung ergeben, so treffen wir auf altbekannte, aber hochaktuelle Maßnahmen:

Als prioritär erachten die Führungskräfte die rasche Senkung der Unternehmenssteuern und hier vor allem die Senkung der Lohnnebenkosten. Dies könnte als Booster für mehr Wachstum und Arbeitsplätze wirken. Die Förderung von Forschung und Innovationen sowie Investitionsförderungen vor allem im Umweltbereich gelten ebenso als wirkungsvolle Maßnahmen. Ganz zentral ist darüber hinaus der Umbau des Energiesystems in Richtung erneuerbare Energien, um die internationalen Abhängigkeiten zu verringern. Als ebenso wirkungsvoll sehen die Unternehmen eine weitere Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, örtlich wie zeitlich. Last but not least fordern sie eine stringente Bekämpfung der Pandemie und Planbarkeit für den Herbst.

Es gibt viel zu tun. Etliche vernünftige und vor allem wirkungsvolle Lösungsvorschläge liegen auf dem Tisch. Jetzt ist Leadership gefragt.