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Arbeiten im Digitalzeitalter

Von Rüdiger Linhart

Gastkommentare
Rüdiger Linhart ist Berufsgruppensprecher der IT-Dienstleister in Wien.
© privat

Insbesondere im IT-Bereich sind neue Fähigkeiten gefragt.


Die Digitalisierung boomt auch in Österreich, entsprechend hoch ist der Mitarbeiterbedarf. Aus früheren Erhebungen wissen wir: In Wien fehlen rund 6.000 IT-Fachkräfte, und österreichweit sind es sogar 24.000. Allerdings sollten wir nicht nur auf die Gesamtzahlen starren, sondern in die Tiefe gehen. Als Branchenvertreter, der selbst auch ein IT-Unternehmen führt, weiß man nur zu gut, wie wichtig das ist.

Wir müssen künftig natürlich noch mehr junge Menschen für IT-Lehre (mit oder ohne Matura), HTL, Fachhochschule oder Informatikstudium begeistern und das Bildungsangebot im schulischen Bereich laufend evaluieren. Allerdings wird sehr viel Zeit vergehen, bis diese langfristigen Maßnahmen am Arbeitsmarkt Wirkung zeigen werden. Zugleich gibt es aber noch ungenutztes Potenzial: den zweiten Bildungsweg, IT-affine Migranten und den noch ausbaufähigen Frauenanteil in der IT-Branche.

Folgende Chance sollten wir aber ebenfalls nicht übersehen: Wir müssen auch die fachlichen und persönlichen Skills der am Arbeitsmarkt verfügbaren IT-Fachkräfte besser mit den Bedürfnissen der einzelnen Unternehmen abgleichen. Wenn es uns gelingt, das Matching zu verbessern und zu beschleunigen, werden sehr viele leere Kilometer auf beiden Seiten vermieden. Zugleich können dadurch Fortbildungen zielgenauer gesteuert werden. Das spart nicht nur Zeit und menschliche Energie, sondern auch noch Steuergeld. Und als angenehmer Nebeneffekt wird dadurch in der Regel auch die Zufriedenheit auf beiden Seiten spürbar verbessert.

Wichtige Mundpropaganda

Seitens der Wiener Wirtschaftskammer-Fachgruppe Ubit haben wir daher vor kurzem eine Studie bei TQS Research & Consulting in Auftrag gegeben. Erhoben wurde dabei nicht nur, welche fachlichen und persönlichen Fähigkeiten unter den IT-Unternehmen besonders gefragt sind, sondern auch, über welche Kanäle sie typischerweise ihre Mitarbeiter suchen. Am häufigsten genannt wurde dabei die Mundpropaganda, gefolgt von Beschäftigten, die ihrerseits neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anwerben, Social Media, Online-Inseraten und Recruitern beziehungsweise Headhuntern. Wenn also die Mundpropaganda bei vielen Unternehmen gut funktioniert, dann sollte man diese weiter forcieren. Allerdings ist klar, dass der Pool an potenziellen Mitarbeitern aus dieser Quelle irgendwann erschöpft ist.

Das Finden von geeigneten Bewerbern über das Arbeitsmarktservice (AMS) und über Jobmessen gehört unter den IT-Unternehmen laut der Studie derzeit leider (noch) zu den Schlusslichtern. Man kann diesen Umstand aber auch positiv sehen: Dort schlummert also noch ein beträchtliches Potenzial. Als Branchenvertretung stehen wir bereits in intensivem Kontakt mit dem AMS, und die Gespräche laufen äußerst gut. Aus unserer Sicht könnten die Studienerkenntnisse etwa dazu genutzt werden, die AMS-Kurse künftig noch zielgerichteter auf die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes auszurichten. So erachten Unternehmen etwa Kenntnisse im Bereich Programmieren und Software-Entwicklung derzeit als besonders wichtig. Doch die IT-Landschaft ist vielfältig, daher sollte immer eine Vielzahl an Faktoren in die Überlegungen einbezogen werden.

Aus der Studie geht auch hervor, dass Zertifikaten eher weniger Relevanz beigemessen wird als Fachkenntnissen beziehungsweise dem in den jeweiligen Betrieben notwendigen Spezialwissen. Eine wichtige Maßnahme, um nicht am Arbeitsmarkt vorbei auszubilden, wäre daher auch die Forcierung von geförderten Angeboten für Training-on-the-Job.

Der menschliche Faktor

Gerade in der in Österreich eher klein strukturierten IT-Branche ist es für Klein- und Mittelbetriebe zeitlich und finanziell nicht immer machbar, den Mitarbeiternachwuchs im eigenen Unternehmen auszubilden. Aber nicht nur deshalb wäre die Forcierung von Training-on-the-Job ein wichtiger Schritt. Es dient auch dazu, Arbeitslose sehr schnell wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren, damit sich die Arbeitslosigkeit nicht verfestigt. Wer in einer schnelllebigen Branche wie der IT eine Zeit lang vom Berufsleben weg ist, tut sich mit dem Wiedereinstieg schwer.

Derzeit gibt es auch Gespräche über eine gemeinsame Jobmesse des AMS und der Fachgruppe Ubit im Herbst. Ein wichtiger Punkt bei Einstellungsgesprächen ist schließlich gegenseitige Sympathie. Persönliche Treffen, egal ob im realen Leben oder im virtuellen Raum, spielen daher nach wie vor eine wichtige Rolle. Auch das hat die Studie gezeigt: Die Arbeitgeber legen auch viel Wert auf Soft Skills. Generell stark gefragt sind zum Beispiel Eigenverantwortung, eine agile Arbeitsweise und Teamfähigkeit. Menschliche Qualitäten bleiben schließlich auch im Digitalzeitalter wichtige Faktoren - und das ist gut so.