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Mehr militärische Effizienz für die EU

Von Otmar Lahodynsky

Gastkommentare
Otmar Lahodynsky ist Ehrenpräsident der Association of European Journalists (AEJ), die er von 2014 bis 2021 leitete. Er war Redakteur beim Nachrichtenmagazin "profil".
© privat

Der Kandidatenstatus für die Ukraine stellt auch für die EU ein wichtiges Signal dar.


Beim EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs wird am kommenden Donnerstag eine wegweisende Entscheidung getroffen werden: Die Ukraine wird - wenn nicht noch ein Mitgliedsland ein Veto einlegt - den Kandidatenstatus unter Bedingungen erhalten. Das ist ein wichtiges Signal für das vom russischen Präsidenten Wladimir Putin völkerrechtswidrig angegriffene Land, dessen Bevölkerung sich schon mehrfach für die Zugehörigkeit zur EU, für westliche Werte und gegen die Despotie und Diktatur Russlands ausgesprochen hat. Es ist auch eine Botschaft an Putin, der mit Gewalt seine Einflusszone ausweiten will.

Und es ist auch eine wegweisende Entscheidung für die Zukunft der Europäischen Union: Die Ukraine erhält die Zusicherung, dass sie der europäischen Familie angehört und EU-Mitglied werden kann. Das leidgeprüfte Land verteidigt schließlich derzeit auch die Grundwerte der EU gegen Despotie, Diktatur und Willkür.

Bei einem Seminar der Association of European Journalists (AEJ) im Europäischen Parlament vorige Woche ging es um die Folgen des Ukraine-Krieges für die EU. Der liberale Abgeordnete Guy Verhofstadt, ehemaliger Premierminister Belgiens, forderte eine rasche Stärkung der militärischen Kapazitäten der EU. Ihre 27 Mitglieder würden mit 240 Milliarden Euro pro Jahr ein Drittel der Aufwendungen der USA für den Militärsektor ausgaben, aber damit nur ein Zehntel der operativen Fähigkeiten der Amerikaner schaffen. Der Aufbau militärischer Strukturen der EU müsse parallel zur Nato erfolgen. Das nordatlantische Bündnis solle zu einer weltweiten Organisation demokratischer Staaten zur Verteidigung westlicher Werte wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Bürgerrechte werden.

Eine Erhöhung der Verteidigungsbudgets müsse die Kompatibilität der Armeen der 27 EU-Staaten stärken, erklärte Othmar Karas, Vizepräsident des EU-Parlaments von der EVP. Aktuelle Bedrohungen, die keine nationalstaatlichen Grenzen kennen, erforderten eine gemeinsame, europäische Antwort.

Der sozialdemokratische EU-Abgeordnete Hannes Heide brach eine Lanze für eine aktivere Neutralitätspolitik Österreichs. Nato-Diplomaten hätten ihm erst kürzlich versichert, dass Österreich auch außerhalb des Bündnisses wertvolle Dienste leisten könne.

Österreichs Regierung hat mit ihrer Forderung, die Staaten des Westbalkan beim Beitrittsprozess zu bevorzugen, grundsätzlich recht. Aber es ist ohnehin klar, dass die Ukraine für die EU-Mitgliedschaft noch viele Bedingungen erfüllen wird müssen, vor allem bei der Bekämpfung der Korruption. Aber das gilt auch für die Staaten am Westbalkan und auch für mehrere Länder, die bereits EU-Mitglieder sind.

Nicht akzeptabel erscheinen dabei die Forderungen Bulgariens an die seit mehr als 15 Jahren auf Beitrittsverhandlungen wartende Republik Nordmazedonien, von ihrer nationalen Identität und Geschichtsauffassung abzugehen.

Auch bei diesem Konflikt erscheint die Abschaffung einstimmiger Entscheidungen in der EU dringend geboten. Die Europäische Union muss künftig auch im Bereich Außen- und Sicherheitspolitik schneller Entscheidungen treffen, wenn sie als globaler Player glaubhaft sein möchte.