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Die Preise müssen runter - alles andere wird nicht helfen

Von Pamela Rendi-Wagner

Gastkommentare
Pamela Rendi-Wagner ist Klubobfrau der SPÖ.

Die türkis-grüne Regierung hat das Problem zu lange ignoriert.


Die Teuerung ist so hoch wie seit fast 50 Jahren nicht mehr. Experten prognostizieren, dass die Inflation schon sehr bald die 10-Prozent-Marke durchbrechen wird. Die Folgen dieser Preissteigerungen sind dramatisch und durchdringen alle Lebensbereiche. Junge Familien, Pensionistinnen und Pensionisten sowie hart arbeitende Menschen erleiden große Einkommensverluste. Immer mehr Menschen kommen unter Druck und wissen trotz Arbeit nicht, wie sie über die Runden kommen sollen. In einer kürzlich veröffentlichten Umfrage von Market/Lazarsfeld (2.000 Befragte) gaben 42 Prozent der Österreicher an, die Teuerung "sehr zu spüren" - das heißt, fast jeder Zweite in Österreich ist von der Teuerung stark betroffen. Das zeigt, dass sie mittlerweile tief in die Mittelschicht hineinreicht.

Die türkis-grüne Regierung hat das Problem zu lange ignoriert. Vizekanzler Werner Kogler meinte noch vor ein paar Wochen, die SPÖ betreibe eine "Teuerungshysterie". Nach einer Phase der Einsicht, dass man das Thema nun doch nicht länger aussitzen kann, hat die Regierung ein Paket präsentiert. Parallelen zum chaotischen Corona-Management sind offenkundig. Genau wie in der Corona-Pandemie hinkt sie der Rekordteuerung hinterher. Die Einmalzahlungen für Herbst sind ein Tropfen auf dem heißen Stein. Sie kommen nicht nur zu spät, sie werden verpuffen. Denn das Hauptproblem bleibt bestehen: Kein einziger Preis sinkt. Alles wird immer teurer. Immer deutlicher sehen wir: Das Schiff leckt gewaltig an allen Enden und Ecken, und die Regierung versucht die Löcher mit kleinen Handtüchern zu stopfen. Denn sie verhindert nicht, dass viele Menschen - auch aus der Mittelschicht - in die Armut abrutschen.

Die Regierung glaubt diesem gewaltigen Problem mit Einmal-Gutscheinen Herr zu werden. Das wird sich noch als folgenschwerer Fehler herausstellen. Der Pessimismus in der Bevölkerung nimmt dramatisch zu, die Konsumausgaben werden bereits jetzt stark zurückgefahren. All das hat verheerende Auswirkungen auf unsere Wirtschaft, die Arbeitsplätze, die Gesellschaft als Ganze. Es braucht den Mut, ins Preis- und Steuersystem einzugreifen. Das wäre dringend notwendig, um die Preisspirale nach oben zu stoppen und damit die Inflation zu dämpfen. Die EU-Kommission empfiehlt ausdrücklich, die Mehrwertsteuer auf Energie zu senken, viele EU-Mitgliedstaaten folgen diesem Ratschlag. Durch die vorübergehende Streichung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel, Gas, Strom und Sprit wird die Teuerung ausgebremst. Auch Preisdeckel - dort, wo sie Sinn machen - wären eine Möglichkeit. Spanien und Portugal haben Preisdeckel für Gas eingeführt, was auch den Strompreis drastisch senkt. Für 40 Prozent der Haushalte halbiert sich damit die Stromrechnung. Klar ist, dass bei Eingriffen ins System gleichzeitig scharfe Preiskontrollen eingeführt werden müssten.

70 Prozent der von der Regierung groß angekündigten Milliarden-Ausgaben betreffen die kalte Progression und den Klimabonus. Beides zahlen die Österreicher über Lohn- und CO2-Steuer selbst. Aber die Energiekonzerne dürfen weiter Milliarden-Übergewinne machen. Das geht sich irgendwann nicht mehr aus. Das ist Gift für unsere Gesellschaft, wenn hier kein Ausgleich geschaffen wird. Diese Milliarden-Übergewinne müssen abgeschöpft werden - um damit wirksame Antiteuerungsmaßnahmen zu finanzieren und den Ausbau der erneuerbaren Energie anzuschieben.

Jeden Dienstag lesen Sie an dieser Stelle den Kommentar eines Vertreters einer Parlamentspartei.