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Frauen am Zug

Von Monika Rosen

Gastkommentare
Monika Rosen ist Börsen-Expertin und Vizepräsidentin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft. Mehr als 20 Jahre war sie Chefanalystin einer österreichischen Großbank. Twitter: @Monika_Rosen

Der Mensch reist, seit es ihn gibt, anfangs wohl vor allem aus religiösen Motiven. Die ersten Pilgerreisen fanden wahrscheinlich mehrere tausend Jahre vor Christus im alten Ägypten statt. Und auch der Baptistenprediger Thomas Cook, der als Erfinder der Pauschalreise gilt, wurde von christlichen Motiven geleitet, als er 1841 in England eine Bahnfahrt für 570 Abstinenz-Aktivisten organisierte. Es gab Tee und Schinkenbrote, aber keinen Sitzplatz. Wenn man an so manche moderne Party-Destination denkt, muss man eigentlich schmunzeln. Ansonsten hat der Tourismus seit Covid allerdings wenig zu lachen. 2020 erlebte die Branche den größten Einbruch ihrer Geschichte, die internationalen Ankünfte gingen damals um 74 Prozent in die Knie (Zahlen der UN World Tourism Organisation). Damit einher ging der Verlust von 174 Millionen Jobs, wobei Frauen hier überproportional betroffen waren. Immerhin sind 54 Prozent der Beschäftigen im Tourismus weiblich. Das klingt zunächst nach keinem besonders großen Überhang, allerdings liegt der Frauenanteil am Arbeitsmarkt insgesamt bei nur 39 Prozent. Dass Frauen im Tourismus sehr oft am unteren Ende der Nahrungskette zu finden sind, wird niemand überraschen, der schon einmal verreist ist. Dennoch ist ihr Abschlag bei der Bezahlung, der sogenannte Pay Gap, mit 14,7 Prozent kleiner als im Durchschnitt der anderen Branchen (16,8 Prozent). Natürlich gibt es immer noch Bereiche, in denen Frauen die Ausnahme bilden. So sind nur 5 Prozent der Piloten weltweit weiblich. Aber insgesamt sind Frauen im Tourismus in der Überzahl, nicht nur bei den Beschäftigten, sondern auch bei den Reisenden selbst. Mehr als die Hälfte (56 Prozent) aller Ferienreisen werden von Frauen unternommen. Auch wenn Paare verreisen, treffen Frauen 85 Prozent der Entscheidungen bezüglich Ziel, Verkehrsmittel oder Wahl des Hotels. Und bei den Geschäftsreisen kommen Frauen bereits auf einen Anteil von 47 Prozent. Höchste Zeit also, dass die Webebranche aufhört, Geschäftsreisende als leicht angegraute, weiße Männer im Anzug darzustellen. Das Leben ist doch so viel bunter . . . und zunehmend weiblich!