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Zu Lasten des Yen

Von Hendrik Tuch

Gastkommentare
Hendrik Tuch ist Head of Fixed Income NL bei Aegon Asset Management.
© AEGON

Japan wird seine Währung nicht mehr lange verteidigen können.


Die Spekulationen nehmen zu, ob die japanische Regierung ihre enormen Währungsreserven einsetzen wird, um den Wert des Yen zu verteidigen. Wir gehen davon aus, dass sie zwar einige begrenzte Interventionen vornehmen wird, aber nicht über einen längeren Zeitraum. Japan muss in naher Zukunft mit einem deutlich schwächeren Yen rechnen, da sich die wirtschaftliche Lage des Landes erheblich verschlechtert. Es ist jedoch sinnlos, die Währung zu verteidigen, solange die Bank of Japan an ihrer derzeitigen Geldpolitik festhält.

Auf den ersten Blick scheint Japan kein Hauptkandidat für eine Währungsabschwächung zu sein, da die Sparquote von Unternehmen und Privatpersonen zusammengenommen immer noch bei satten 25 Prozent und die Inflation unter 3 Prozent liegt. Aber diese Zahlen dürften sich erheblich verschlechtern, da die japanischen Verbraucher gezwungen sind, mehr Geld auszugeben, und die Inflation dank der Yen-Schwäche in die Höhe schießen wird. Das japanische Staatsdefizit sollte sich nach der Aufhebung der Covid-19-Maßnahmen etwas verbessern, aber es muss hoch bleiben, um das schwache Wirtschaftswachstum zu stimulieren.

Geldpolitik als Hauptursache der Yen-Schwäche

Solange die japanische Zentralbank an ihrer Politik der maximalen Rendite von 25 Basispunkten auf zehnjährige japanische Staatsanleihen festhält, ist der Versuch, den Yen zu stärken, sinnlos. Wenn sich die derzeitige Geldpolitik nicht ändert, droht Japan ein Zyklus aus schwacher Währung, höherer Inflation und anschließender weiterer Währungsschwäche. Die japanischen Geld- und Finanzbehörden sind zwar durchaus in der Lage, die Finanzmärkte zu beeinflussen, sie werden aber diesmal wahrscheinlich nicht in größerem Umfang eingreifen, um den Wert des Yen zu verteidigen, sondern verlassen sich lieber auf geldpolitische Änderungen.

Der Bank of Japan ist die Beeinflussung der Finanzmärkte gewiss nicht fremd, hält sie doch schon jetzt 43 Prozent aller japanischen Staatsanleihen und etwa 7 Prozent der japanischen Aktien. Zudem verfügt Japan über eine enorme Währungsreserve von 1,2 Billionen US-Dollar. Das ist eine gute Ausgangslage zu Beginn einer möglicherweise langwierigen Währungsintervention. Es kam zu einem vorübergehenden Anstieg des Yen, nachdem die Bank of Japan, das Finanzministerium und die Finanzdienstleistungsbehörde in einer gemeinsamen Erklärung ihre Besorgnis über das Tempo des Yen-Verfalls zum Ausdruck gebracht hatten und "bei Bedarf entsprechend handeln" würden.

Die Wirkung dieser Erklärung war jedoch auf ein paar Stunden begrenzt, da die Zahlen zum Verbraucherpreisindex in den USA die Aktienmärkte nach unten drückten und den US-Dollar weiter stärkten, sodass Japans Finanzbehörden in der Tat handeln müssen, wenn sie den derzeitigen Trend ändern wollen. Sie werden wohl zunächst versuchen, die Yen-Schwäche durch Interventionen einzudämmen, dann aber entscheiden, dass es besser ist, die Geldpolitik der Bank of Japan anzupassen. Wie in früheren Zyklen wird sie die letzte der großen Zentralbanken sein, die einen Zinserhöhungszyklus einleitet, und zu diesem Zeitpunkt wird der globale Wirtschaftszyklus wahrscheinlich seinen Höhepunkt überschritten haben.

Abwertung des Yen um fast 30 Prozent

Die Anleger profitierten zwar von höher rentierenden sogenannten Carry-Strategien gegenüber dem Yen, jedoch wird der Richtungswechsel in der Geldpolitik der Bank of Japan dies beenden. Seit Jahresbeginn hat der Yen gegenüber dem US-Dollar etwa 17 Prozent und auf handelsgewichteter Basis mehr als 10 Prozent seines Wertes verloren. Rechnet man die Verluste im Jahr 2021 hinzu, so ergibt sich in 18 Monaten eine Abwertung des Yen um fast 30 Prozent, wobei die Finanzmärkte bereit sind, die Währung weiter nach unten zu drücken.

Auch wenn sich der zweijährige US-Zinssatz von seinen Höchstständen entfernt hat, liegt der Renditeabstand zu kurzlaufenden japanischen Staatsanleihen mit rund 2,8 Prozent weiterhin deutlich über 3 Prozent und damit auf dem höchsten Stand seit 2007. Anleger, die auf der Suche nach Carry-Strategien sind, haben nun eine große Auswahl an höher rentierenden Staatsanleihen gegenüber dem japanischen Anleihemarkt. Während die Aktienmärkte seit Jahresbeginn etwa 15 Prozent verloren haben, hätte zum Beispiel eine Long-Strategie für den brasilianischen Real gegenüber dem Yen mehr als 35 Prozent gewonnen.

Die bevorstehende Änderung des geldpolitischen Kurses der Bank of Japan wird mit dem Höhepunkt des Konjunkturzyklus zusammenfallen. Sie werden der Carry-Strategie ein Ende setzen und sich der globalen restriktiven Geldpolitik anschließen, die die Finanzmärkte weiterhin belastet.