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Fünf Jahre Rohingya-Krise und kein Ende

Von Andrea Barschdorf-Hager

Gastkommentare
Andrea Barschdorf-Hager ist Geschäftsführerin von Care Österreich.
© Care

Immer noch leben fast eine Million Vertriebene im weltweit größten Flüchtlingslager.


Bereits 2018 habe ich das Rohingya-Flüchtlingslager Cox’s Bazar besucht, die Bilder von damals begleiten mich bis heute. Das Lager war heillos überfüllt, täglich trafen neue Geflohene ein, die Lebensumstände waren verheerend. Bangladesch, das am dichtesten besiedelte Land der Welt, hat mit zahlreichen eigenen Problemen sowie den massiven Auswirkungen des Klimawandels zu kämpfen. Der Umgang mit den geflohenen Rohingya ist hier eine weitere Herausforderung.

Die Rohingya sind eine Volksgruppe, die in Myanmar an der Grenze zu Bangladesch lebte und aufgrund ihrer muslimischen Religion von der buddhistischen Mehrheitsgesellschaft lange diskriminiert wurde. Es folgte eine gewaltvolle Vertreibung, die im August 2017 mit einem Exodus der Überlebenden nach Bangladesch endete. Mittlerweile leben fast eine Million Menschen auf dem Staatsgebiet von Bangladesch in der Nähe des Küstenortes Cox‘s Bazar.

Care leistet den Geflohenen seit Beginn dieser humanitären Katastrophe vor fünf Jahren Nothilfe. Die Überlebenden der systematischen Vertreibungen, die völlig erschöpft die Grenze meist nur mit dem, was sie am Leib trugen, überquerten, berichteten Schreckliches. Eine junge Mutter schilderte, wie ihre zwei Kleinkinder vor ihren Augen in einem Fluss ertränkt worden waren. Es war nur einer von unzähligen grauenvollen Vorfällen. Kaum ein Verfolgter hat nicht ein Familienmitglied verloren. Die Rohingya-Dörfer in Myanmar wurden systematisch abgebrannt. Wer nicht schnell genug war, wurde schwer verletzt, zahllose Rohingya wurden ermordet.

In Bangladesch leben sie nun im größten Flüchtlingslager der Welt. Manche sind auf einer der zahlreichen einsamen Inseln gestrandet. Ich empfinde die Lage als sehr bedrückend. Der Wunsch nach einer internationalen Lösung dauert seit fünf Jahren an. Doch eine sichere Rückkehr nach Myanmar ist ebenso unwahrscheinlich wie eine nachhaltige Akzeptanz im Gastland, das auf internationale Hilfe wartet.

Das besondere Augenmerk der Nothilfe in dieser "vergessenen Krise" liegt auf der Stärkung von Frauen und Kindern, die unter den harten Lebensbedingungen im Flüchtlingslager leiden. In den vergangenen Jahren hat sich einiges getan. Die Infrastruktur wurde deutlich verbessert, Wege wurden gesichert und mit Solarlampen ausgestattet, viele Brunnen liefern Trinkwasser, Nutz- und Regenwasser wird gesammelt, die Mülltrennung und -entsorgung funktioniert. Das alles ist lebensnotwendig, um die Ausbreitung von Krankheiten einzudämmen und den Rohingya durch Beschäftigung eine Perspektive zu ermöglichen. Zugleich schaffen diese Aktivitäten Kontakte mit der ortsansässigen Bevölkerung, die in all diese Maßnahmen miteinbezogen wird. So profitieren auch die Dörfer in der Umgebung. Die Rohingya und die Menschen in Bangladesch brauchen dringend unsere Unterstützung in dieser großen humanitären Krise, nicht nur aus weltpolitischen, sondern auch aus zutiefst menschlichen Gründen.