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Hilfe, Staat!

Von Christian Ortner

Gastkommentare

In Wirtschaftskrisen ist der Staat öfter Teil des Problems als Teil der Lösung.


Seit Gas- und Strompreise explodieren, vergeht kaum ein Tag, an dem nicht irgendein Politiker nach staatlichen Interventionen ruft, seien es von Amts wegen verordnete Preise, staatlich begrenzte Gewinne oder gleich die restlose Verstaatlichung der ganzen Energiewirtschaft (dass die bei uns ohnehin fast vollständig der öffentlichen Hand gehört, ficht diese wackeren Verstaatlichungsfreunde nicht an, Fakten sind ohnehin stark überschätzt).

Diese Forderungen schmiegen sich behände an den Zeitgeist an. Und der weht, wohl so richtig seit Ausbruch der Corona-Epidemie, eindeutig in Richtung starker Staat, der alles richten soll.

Das erstaunt insofern etwas, als man die Probleme und Desaster der vergangenen Jahre ziemlich präzise als multiples Staatsversagen beschreiben kann und muss, will man den Fakten gerecht werden. Die Milliarden-Malaise der Wien Energie ist da nur einer von mittlerweile zahllosen Fällen. Weitgehend vergessen ist heute etwa, dass die Weltfinanzkrise 2007/2008 ihren Ursprung in der Politik des damaligen US-Präsidenten Bill Clinton hatte, Amerikanern zu Eigenheimen zu verhelfen, die dafür nicht kreditwürdig genug waren. Staatsversagen. Auch die Inflation, die jetzt die Menschen plagt, ist kein Naturereignis oder einer neoliberalen Verschwörung geschuldet, sondern Folge staatlich organisierter Geldfälschung durch die Notenbanken. Staatsversagen, dessen Folgen der Ukraine-Krieg zwar verstärkt hat, das aber auch ohne diesen schlagend geworden wäre, wie die schon im Herbst 2021 steigende Inflation zeigte.

Mit wenig Ruhm bekleckert hat sich der Staat auch in der Bekämpfung der Corona-Krise. Was da an regulatorischem Pfusch gebaut, Geld verpulvert und vor allem am Anfang wertvolle Zeit durch planwirtschaftliche Impfstoffverteilung vergeudet wurde, kann auch nicht anders beschrieben werden denn als Staatsversagen. Aber auch in weniger existenziellen Fragen wird die weitgehende Unfähigkeit des Staates, Probleme effizient und flott zu erledigen, immer wieder sichtbar. Wo immer etwa die öffentlichen Hände versuchen, die geheimnisvollen Weiten der digitalen Welt kühn zu erobern, ist eine Mischung aus Lachnummer und beeindruckender Inkompetenz die Folge. Staatsversagen digital, sozusagen.

Ein besonders dramatischer Fall von Staatsversagen ist die weitgehende Unfähigkeit der Autoritäten, die Zuwanderung von Fremden aufs Territorium des Staates zu kontrollieren und illegale Migration zu unterbinden. Dass heuer vermutlich wieder so viele Asylwerber ins Land strömen wie am Höhepunkt der Migrationskrise, belegt dieses Versagen in geradezu spektakulärem Ausmaß.

Von gleicher existenzieller Bedeutung ist das Scheitern der staatlichen Energiepolitik in Deutschland oder Österreich, wo nicht böse neoliberale Profithaie, sondern staatliches Missmanagement zuerst zu einer Abhängigkeit von Russland und dann zum Abschalten der Atomkraftwerke und Kohlemeiler geführt hat. Mit all den Folgen, die dieses Staatsversagen in den kommenden Wintern bringen wird.

Angesichts dieser - und vieler anderer - Fälle von Staatsversagen im Staat die Lösung und nicht das Problem zu sehen, erfordert ein eher resches Maß an Wirklichkeitsverweigerung.