Zum Hauptinhalt springen

Back to school

Von Ulrike Famira-Mühlberger

Gastkommentare
Ulrike Famira-Mühlberger ist stellvertretende Leiterin des Wirtschaftsforschungsinstituts.

Bildungspolitische Maßnahmen im frühen Alter sind am effektivsten.


Nach neun Ferienwochen sind wir nun bereits in der zweiten Schulwoche und ein neuer Alltag stellt sich für viele Familien wieder ein. Neun Wochen lang haben sich zigtausende Familien bemüht, die Diskrepanz zwischen den Urlaubsansprüchen der Eltern und der Feriendauer der Kinder möglichst gut zu überbrücken.

Für viele Schülerinnen und Schüler aus Haushalten, die ihren Kindern kein abwechslungs- und lehrreiches Ferienprogramm bieten können, bedeutet die Rückkehr in die Schule, dass sich der Kompetenzunterschied zu Kindern aus sozioökonomisch privilegierteren Haushalten wiederum vergrößert hat.

Die Bildungsforschung zeigt, dass lange Sommerferien die Unterschiede der Kinder je nach familiärem Hintergrund vergrößern. Die Schule in ihrer derzeitigen Form kann das nicht ausgleichen. In der Schulklasse meiner Volksschülerin sitzen 26 Kinder - eine unglaublich engagierte Lehrerin muss Enormes leisten in den nächsten Monaten, zumal auch manche Kinder noch in die deutsche Sprache eingeführt werden müssen.

Die Ressourcen, die eine Volksschule zur Verfügung hat, sind enorm knapp. In oft kleinen Klassenräumen, die in den meisten Schulen noch immer nicht mit Luftfiltern ausgestattet sind, müssen große Unterschiede zwischen den Kindern ausgeglichen werden.

Vielversprechende Programme wie GEPS (Global Education Primary School), wo ursprünglich jeden Tag eine Stunde durch einen Native Speaker in Englisch abgehalten wurde, laufen aus. Eine Stunde Englisch pro Woche in den Volksschulen sind keine gute Basis für die wachsende Internationalisierung, die unsere Kinder erwartet. Eines ist klar: die Inhalte des Lehrplans, wie er gesetzlich verabschiedet wurde, können jedenfalls so nicht umgesetzt werden, so ehrlich sollte man sein. Aus einer bildungsökonomischen Sicht sind die Bedingungen, mit denen sich Schulen konfrontiert sehen, schlichtweg nicht erklärbar. Wir wissen, dass Lernfähigkeiten vorwiegend am Anfang von Bildungskarrieren geprägt werden, weshalb bildungspolitische Maßnahmen im frühen Alter am effektivsten sind.

Wir wissen weiters, dass Bildungsinvestitionen sowohl hohe individuelle als auch gesellschaftliche Renditen bedeuten. Mehr und besser eingesetzte Ressourcen in der frühkindlichen Bildung heute bedeuten in Zukunft geringere Arbeitslosigkeit, zufriedenere und gesündere Menschen, die durch ihr höheres Einkommen mehr Steuern und Abgaben bezahlen und wesentlich zur wirtschaftlichen Entwicklung eines Landes beitragen werden.

Dazu gibt es eine Fülle an empirischer Evidenz, die vor allem große Effekte bei Bildungsinvestitionen für Kinder aus unterprivilegierten Haushalten zeigt. Darum sind Bildungsinvestitionen auch nicht als Sozialtransfers zu verstehen, sondern als für die Gesellschaft mittel- und langfristig sehr lukrative Investitionen. Um diese Renditen später zu "erwirtschaften", benötigen wir bessere Bedingungen in unseren Schulen, aber auch eine wesentlich stärkere Förderung von Schulkindern aus sozial benachteiligten Familien. Dafür wird eine halbtägige Volksschule nicht ausreichen: die Bildungsforschung zeigt, dass Bildungssysteme mit hochqualitativen Ganztagsschulen hier die besseren Karten haben.

So eine Wirtschaft: Die Wirtschaftskolumne der "Wiener Zeitung". Vier Expertinnen und Experten schreiben jeden Freitag über das Abenteuer Wirtschaft.