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Kommt jetzt eine Rezession?

Von Monika Köppl-Turyna

Gastkommentare
Monika Köppl-Turyna ist Ökonomin und Direktorin des Forschungsinstituts Eco Austria.

Die Prognosen für das heurige Jahr sind positiv. Für 2023 sieht es düsterer aus.


Die Wirtschaftsnachrichten der letzten Wochen waren voller Widersprüche: Die Inflation ist auf dem höchsten Niveau seit Juli 1952. Die Zahl der Insolvenzen steigt. Und andererseits: Sinkende Arbeitslosigkeit - knapp dreihunderttausend Arbeitslose sind zwar nicht wenig, aber immerhin weniger als im letzten Jahr - und viele offene Stellen. Wie sollen wir mit solchen "Mixed Signals" umgehen?

Die Prognosen für 2022 sind eindeutig positiv. Für 2023 sieht es viel düsterer aus. Die Bank Austria und die beiden großen Wirtschaftsforschungsinstitute erwarten ein nur leichtes Plus, in der Szenario-Rechnung meiner Kollegen geraten wir schon in den Minusbereich. IHS und Wifo dürften ihre Wachstumsprognosen am Freitag deutlich zurücknehmen. Die Erwartungen für Deutschland - dem wichtigsten Handelspartner unserer Industrie - liegen inzwischen alle im negativen Bereich. Weitere Frühwarnindikatoren bestätigen diesen negativen Trend. So fallen etwa die von der OeNB erhobenen Kennzahlen viel schwächer aus: Im zweiten Quartal lagen die Investitionen in Maschinen und Geräte der Unternehmen um mehr als 13 Prozent unter dem Vorjahresquartal. Die Produktionserwartungen sind nur mehr leicht positiv, die Entwicklung der Auftragslage besorgniserregend. Einer der Subindikatoren des PMI, einem Index der Industrie, der anzeigt, wie sich die Wirtschaft und die Stimmung entwickeln, beschäftigt sich mit den Erwartungen an künftige Aufträge - er liegt inzwischen mit nur noch knapp 20 Punkten unter dem langjährigen Durchschnitt und kaum höher als 2009. Vieles deutet darauf hin, dass sich auch die Stimmung am Arbeitsmarkt bald umkehren wird:

Da sind etwa die Lohnabschlüsse - falls sie so ausfallen, wie sich das die Arbeitsnehmervertreter wünschen, würden die Produktionskosten steigen. Zudem erschweren höhere Leitzinsen die Unternehmensfinanzierungen. Und dann drohen ja auch noch Mehrkosten für Strom und Gas: Sobald die aktuellen Verträge vieler Unternehmen auslaufen, wird auch das die Produktionskosten erhöhen. Bei gleichbleibender Struktur der Nachfrage und Produktion würden sich bei den derzeitigen Erwartungen an den Strom- und Gasbörsen Mehrkosten von über 20 Milliarden Euro ergeben. Die Ausgaben für Energie würden dann auf mehr als 10 Prozent des BIP im Jahr 2023 steigen.

Die Frage, wie man damit umgehen sollte, ist nicht trivial. Maßnahmen zur Senkung der Produktionskosten könnten, wenn sie falsch umgesetzt werden, zu noch größeren Problemen führen: Wenn dadurch die Nachfrage nach Energie zu sehr steigen sollte, riskieren wir Rationierungen und damit eine noch tiefere Rezession. Ohne Eingriffe drohen aber Deindustrialisierung und Versorgungsengpässe. Auch die beschlossene Übergewinnsteuer bringt keine Entspannung: Sie wirkt sich nicht auf die Preise aus, kann aber zu Problemen bei den Stromnetzen führen. Möglicherweise wird uns das "spanische Modell" weiterhelfen, eine Subventionierung der Gaspreise allein für die Produktion von elektrischer Energie. Die aktuellen Lösungen werden jedenfalls nicht ausreichen, um eine Rezession zu verhindern. Suchen wir also weiter.