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Zwei Staatsoberhäupter im Vergleich

Von Melanie Sully und Manfried Welan

Gastkommentare

Was den britischen König und den österreichischen Bundespräsident eint und unterscheidet.


Der Bundespräsident wird oft als Ersatzkaiser bezeichnet. Aber er ist kein Kaiser in der Republik.

Er wird ja vom Bundesvolk gewählt. Im Vereinigten Königreich wird der nach der Erbfolge bestimmter Thronfolger mit dem Ableben des Monarchen automatisch König, so wie es nun bei Charles III. der Fall war. 1952 haben noch viele geglaubt, die Königin sei von Gott bestellt worden. Heute glaubt das wohl niemand.

Der österreichische Bundespräsident kann jederzeit zurücktreten, der britische König kann abdanken, was aber ein Tabu ist. Er kann aufs Amt verzichten, braucht aber einen Parlamentsbeschluss in London und in den Parlamenten der 14 Länder, in denen er Staatsoberhaupt ist. Für den Bundespräsidenten bestehen strenge Unvereinbarkeiten. Der britische König ist dagegen Teil der Legislative gemeinsam mit Oberhaus und Unterhaus ("Crown in Parliament").

Der Bundespräsident hat rund 50 in der Verfassung ausdrücklich aufgezählte Zuständigkeiten, von denen die Vertretung nach außen, die Bestellung der Regierung, Ernennungen und der Oberbefehl über das Bundesheer typisch für ein Staatsoberhaupt sind. Der britische König hingegen ist zwar seit alters her Staatsoberhaupt, hat aber politisch nicht allzu viel zu sagen, und die Reden sind mit der Regierung koordiniert. Der Bundespräsident hat nichts mit der Religion zu tun. England hat eine Staatsreligion, und der König ist oberster Gouverneur der anglikanischen Kirche. Ihr Oberhaupt ist Jesus Christus. Mit dem König erwerben auch die Mitglieder seiner Familie bestimmte Rechte und Titel. Das ist beim Bundespräsidenten gar nicht der Fall.

Österreich ist eine demokratische Republik. Großbritannien war unter Elizabeth II. eine gekrönte Republik. Sie hat aber nicht viel interveniert, zumindest nicht öffentlich. Das kann man auch über Alexander Van der Bellen sagen, nur weiß man es nicht genau. Sowohl der König als auch der Bundespräsident genießen weitreichende Immunität, der König aber mehr; so sind sogar Tierschutzgesetze nicht auf den Monarchen anwendbar. Der Bundespräsident darf nur mit Zustimmung der Bundesversammlung (Nationalrat und Bundesrat) behördlich verfolgt werden. Der Antrag ist von der verfolgenden Behörde beim Nationalrat zu stellen, der zuerst beschließen muss, ob die Bundesversammlung damit zu befassen ist. Politisch ist der Bundespräsident dem Bundesvolk verantwortlich. Er kann vom Volk abgesetzt werden. Erhält er aber dabei ein Vertrauensvotum, ist der Nationalrat aufgelöst. Die Regelungen sind so kompliziert, dass sie de facto Unabsetzbarkeit bedeuten.

Der britische König ist gar nicht absetzbar. Er ist nur Gott verantwortlich, sonst niemandem.

Der Bundespräsident ist Oberbefehlshaber, aber seine Rechte sind diesbezüglich beschränkt. Der König ist auch Oberbefehlshaber, aber nach der Konvention liegt die Entscheidung, ob Truppen ins Ausland geschickt werden, beim Unterhaus. Der Bundespräsident kann den Nationalrat auflösen, aber - wie auch sonst fast alles - nur über Vorschlag der Bundesregierung. Der britische Premier hat das Vorrecht, das Parlament aufzulösen, aber der König kann dagegen Veto einbringen.

Der britische König hat unschätzbare Juwelen, Schlösser und Ländereien; er ist also sehr vermögend - aber er kann darüber nicht verfügen. Verfügen kann er nur über Einkünfte aus den Besuchen der Sehenswürdigkeiten und aus seinen Agrarprodukten. Der Bundespräsident hat Bezüge von monatlich 26.252 Euro (netto 13.717 Euro).

Der britische Monarch wird als Brückenbauer angesehen, heutzutage vor allem innerhalb des Vereinigten Königreiches und des Commonwealth. Der Bundespräsident ist nach der Staatspraxis Garant der Kontinuität und Stabilität. Er gewährleistet das Funktionieren des Regierungssystems.

Insgesamt gesehen kann man die beiden Ämter kaum vergleichen. Zu groß ist die Ungleichheit. Als Amtsträger sind aber heute beide vergleichbar als ältere Herren und als "Grüne", die vor allem dem Zusammenhalt und dem Zusammenwirken der verschiedenen Kräfte und Gruppen ihr Augenmerk schenken sollen.