Zum Hauptinhalt springen

Schwedische Lektionen

Von Christian Ortner

Gastkommentare

Der "Kampf gegen Rechts" ist kein tauglicher Ersatz für eine restriktive Migrationspolitik.


Kaum war Schwedens neue Regierung jüngst im Amt, verkündete deren konservativer Premier Ulf Kristersson eine Reihe von Maßnahmen, die er zeitnah umzusetzen gedenkt. Dazu gehört vor allem der entschlossene Kampf gegen jene Formen der Gewaltkriminalität, die als Folge der massiven Migrationswelle um sich gegriffen hat, unter anderem durch die Erleichterung von Abschiebungen kriminell gewordener Ausländer; seine Regierung wolle "wieder die Kontrolle übernehmen", meinte er, was ja irgendwie impliziert, dass die bereits verloren gegangen ist.

Daneben will der neue Regierungschef die Langzeitarbeitslosigkeit durch niedrigere Eingangssteuersätze und eine Begrenzung diverser Sozialleistungen in den Griff kriegen, "damit sich die Arbeitsaufnahme wieder lohnt". Und Ältere, die ohne Not in den Ruhestand gedrängt werden, sollen mittels finanzieller Anreize zum längeren Arbeiten motiviert werden.

Ein ganz normales bürgerlich-konservatives Regierungsprogramm also, nicht weiter der Rede wert, könnte man meinen. Doch möglich wurde dieses - und das ist bemerkenswert - nur deshalb, weil es von den rechtsextremen Schwedendemokraten geduldet wird, so wie die ganze Regierung. Damit wird eine Form des politischen Versagens der gemäßigten politischen Parteien links wie rechts der Mitte besonders gut sichtbar, unter dem nicht nur Schweden leidet. Denn spätestens seit 2015 muss jedem halbwegs vernünftigen Menschen klar sein, dass erhebliche Teile der Bevölkerung sehr unzufrieden sind mit der Unfähigkeit westeuropäischer Regierungen, die illegale Migration aus Afrika und Arabien endlich unter Kontrolle zu bringen.

Dass wir heuer, sieben Jahre nach dem Beginn dieser Krise, wieder so hohe Zahlen illegaler Migranten messen wie damals, beleuchtet das politische Versagen des westlichen Teils von Europa grell. Seit Jahren ist klar, dass dieses Versagen ein wesentlicher Treiber des Aufstiegs rechter und rechtsextremer Parteien ist, von Italien bis Schweden. Und überall wurde und wird dieser völlig evidente Zusammenhang mehr oder weniger souverän ignoriert; sonst hätten wir nämlich heuer nicht wieder so viele illegal Zugewanderte wie schon lange nicht.

Statt endlich zu handeln - "unschöne Bilder" inklusive, anders geht das nämlich leider nicht -, beklagen Europas politische und mediale Eliten das von ihnen selbst verursachte Erstarken der Rechten; anstatt die Ursachen zu bekämpfen, fordern sie vor allem in Deutschland, aber auch hierzulande, einen verstärkten "Kampf gegen Rechts". Gerade so, als wäre der Wähler ein ungezogenes Kind, das zum Wohlverhalten erzogen werden müsste.

Damit wird freilich das genaue Gegenteil dessen erreicht, was die etablierten Parteien der Mitte erreichen wollen. Denn sowohl in Italien als auch in Schweden lernt der Wähler gerade, dass eine seinen Interessen in der Migrationsfrage entsprechende Politik offenbar nur erzwungen werden kann, wenn Rechtsaußen-Parteien ausreichend gestärkt werden. Für den "Kampf gegen Rechts" wird das, vorsichtig formuliert, nicht eben sehr hilfreich sein. Aber manche lernen es offenbar nie.