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Die sieben apokalyptischen Reiter des Klimawandels

Von Andreas Jäger

Gastkommentare
Andreas Jäger ist Meteorologe und Care-Klimabotschafter.
© Götzwiesen

Ist eine bessere Welt trotz der Erderwärmung samt ihren Folgen möglich?


Die Welt soll ein besserer Platz für alle werden. Das ist die Idee. Als sich die Vereinten Nationen im Jahr 2015 auf 17 nachhaltige Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals - SDG) für die Menschheit einigten, wurde der Kampf gegen den Klimawandel als globales Entwicklungsziel bis 2030 ins Paket aufgenommen.

Sieben Jahre später zeigt sich, dass wir den Klimawandel noch lange nicht im Griff haben - im Gegenteil, es kristallisiert sich heraus, dass ein ungebremster Klimawandel auch die anderen Entwicklungsziele untergräbt und zum Kippen bringt - und zwar ohne Ausnahme. Die Bibel kennt vier apokalyptische Reiter - beim Klimawandel sind es sieben:

1. Der Anstieg von Kohlendioxid

Mehr CO2 in der Luft treibt zwar das Pflanzenwachstum an, verwässert aber wertvolle Nährstoffe wie Proteine, Eisen, Magnesium oder Zink. Mit überreichlich CO2 aufgepäppelte Tomaten, Salate oder Kartoffeln sind weniger nahrhaft. Zu allem Überfluss ist viel Kohlendioxid in der Atemluft für uns Menschen ungesund. Wichtig: Am Ende steckt CO2 hinter allen messbaren Auswirkungen des Klimawandels.

2. Die Erwärmung der Luft

Es gibt kein einziges nachhaltiges Entwicklungsziel, das von wärmeren Temperaturen unberührt bleibt. Die Erwärmung verlagert Regen- und Trockenzonen und droht den Permafrost aufzutauen. Große Hitze ist immer öfter tödlich, sie führt zu Dürren, Hunger, Migration und letztlich Krieg.

3. Schmelzende Gletscher

Süßes Gletscherwasser verdünnt Salzwasser, schwächt die Sauerstoffdurchmischung der Ozeane, was den Fischfang gefährdet, und wird den Meeresspiegel über Jahrhunderte ansteigen lassen. In einer Zukunft ohne Gletscher wird vielerorts sauberes Trinkwasser für Mensch und Tier knapp.

4. Schmelzendes Meereis

Sich zurückziehendes weißes Meereis gibt dunkleres Meerwasser frei, wodurch der Treibhauseffekt verschärft und das reichhaltig Ökosystem der Eismeere bedroht wird, an dessen Ende der Eisbär steht. Nicht zuletzt wird es zu Konflikten um freiwerdende Ressourcen und Transportrouten kommen.

5. Der Anstieg des Meeresspiegels

Stärkere Sturmfluten erodieren die Küsten, und Überflutungen versalzen das Grundwasser. Hunger und Armut werden größer, die Wirtschaft leidet und soziale Spannungen sind zu erwarten. Kaum ein nachhaltiges Entwicklungsziel, das nicht durch den Anstieg der Meere betroffen ist.

6. Die Erwärmung der Ozeane

Das warme Oberflächenwasser wirkt wie ein Deckel und unterdrückt den Austausch mit nährstoffreichem Tiefenwasser, dadurch ist mit einem Rückgang des Fischfangs zu rechnen. Zusätzlich gibt das erwärmte Wasser als Kohlensäure gelöstes CO2 an die Atmosphäre zurück, wodurch sich der Klimawandel verstärkt. Außerdem führt warmes Wasser immer öfter zu toxischen Algenblüten mit darauffolgender Sauerstoffarmut - Todeszonen ohne Leben breiten sich aus.

7. Die Versäuerung der Ozeane

Muscheln, Krustentiere und Korallen können ihre Schalen und Skelette in der sauren Umgebung nur mehr schwer aufbauen. Das bedroht den Fischfang und tropische Küsten, die durch Korallenriffe vor Wellen und Sturmfluten geschützt sind.

Der Klimawandel gefährdet alle 17 Entwicklungsziele

Zusammengefasst: Der Klimawandel gefährdet ausnahmslos alle Entwicklungsziele, die wir uns für eine bessere Welt vorgenommen haben. Es gibt keine Alternative zur Abnabelung von allen fossilen Brennstoffen und ihren CO2-Emissionen. Jedoch weitergedacht ist der Konflikt mit Russland - mit dem dadurch erzwungenen Umbau des Energiesystems - eine große Chance, Europa zum nachhaltigen Vorbild für die Welt zu machen. Die sieben messbaren Veränderungen durch den Klimawandel - von der CO2-Zunahme bis zur Erhöhung des Meeresspiegels - wirken sich auf alle 17 nachhaltigen Entwicklungsziele aus.•

Dieser Beitrag und weitere Informationen zu den Auswirkungen des Klimawandels und der Covid-19-Pandemie auf die nachhaltigen Entwicklungsziele sind im neuen "SDG Report 2022" der Hilfsorganisation Care Österreich nachzulesen (www.care.at/sdg-report-2022).