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Der Exit vom Brexit nach Schweizer Vorbild?

Von Anton Fischer

Recht
Anton Fischer ist Wirtschaftsanwalt in Österreich mit internationaler Erfahrung und in England & Wales zugelassener UK Solicitor. Neben seiner auf Gesellschafts-, Transaktionsrecht und Brexit spezialisierten Rechtsberatung ist der Gründer von FISCHER FLP Lehrbeauftragter an der University of Birmingham für Internationales Handelsrecht. Mehr Infos zum EU-Recht auf www.flp-legal.com.
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Von besonderer Bedeutung ist das Abkommen über die Freizügigkeit.


Unsere Freunde jenseits des Ärmelkanals haben’s nicht leicht. Neben hohen Energiepreisen, einem verkorksten Budgetplan, Querelen innerhalb der Regierung und den auf Unabhängigkeit drängenden Schotten sind es auch die Folgen des Brexits, die den Briten das Leben erschweren. Die Inflationsrate steigt, die Wirtschaft liegt darnieder und in Schlüsselbranchen herrscht notorischer Fachkräftemangel.

In Zeiten wie diesen denkt selbst so mancher einst hartnäckige Brexit-Befürworter wehmütig an jene Zeiten zurück, in denen das Vereinigte Königreich noch Teil der EU war.

Schenkt man einem Bericht der "Sunday Times" Glauben, so könnte es jedoch wieder zu Annäherungsversuchen der Briten an die EU kommen. Konkret könnte die Beziehung der EU zur Schweiz als Vorbild dienen. Durch die Adaptierung des Schweizer Modells könnten engere wirtschaftliche Beziehungen geschaffen, und die große Mehrheit der Handelsschranken könnte beseitigt werden.

Will kein "unnötiges" Geld an die EU überweisen

Inoffiziell soll von Regierungsseite angedeutet worden sein, dass im Streben nach reibungslosem Handel eine Annäherung zwar erforderlich sei, nicht jedoch zu einer Rückkehr zur Freizügigkeit ausarten sollte. Wie "The Guardian" berichtete, wolle man sich Chancellor Jeremy Hunt folgend keinesfalls von den Bestimmungen des Handelsabkommens entfernen und weiterhin als souveräner Gleichberechtigter auftreten. Man möchte weder "unnötiges" Geld an die EU überweisen noch Kompromisse bei der Freizügigkeit eingehen. Zum einen werden Erinnerungen an die "Cherry Picking"-Versuche der Briten während der Brexit-Verhandlungen wach.

Zum anderen stellt sich die Frage, wie eine Lösung nach Schweizer Vorbild konkret aussehen könnte. Aus Sicht der EU stellte der Abschluss des Handelsabkommens ohnehin nur die Minimallösung zur Regelung der künftigen Beziehungen dar. Der Möglichkeit zur Koppelung mit weiteren Abkommen über die Zusammenarbeit in bestimmten Bereichen wie mit der Schweiz wollte man sich nicht verschließen. Wiewohl nicht Teil des EWR, ist die Schweiz jedoch Mitglied der Europäischen Freihandelszone EFTA. Die Beziehungen zur EU basieren auf mehr als 120 bilateralen Verträgen, bestehend aus einem Freihandelsabkommen sowie sektorspezifischen Vereinbarungen, etwa über den Abbau technischer Handelshemmnisse, Aspekte des öffentlichen Beschaffungswesens, Landwirtschaft oder Forschung.

Von besonderer Bedeutung ist jedoch das Abkommen über die Freizügigkeit. Dieses räumt EU-Bürgern sowie Eidgenossen und -genossinnen ein gegenseitiges Recht auf Einreise, Aufenthalt, diskriminierungsfreien Zugang zur (un)selbständigen Erwerbstätigkeit sowie das Recht auf Verbleib im jeweiligen Hoheitsgebiet ein. Außerdem erleichtert das Abkommen die grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung.

Auf ein Freizügigkeitsabkommen wollen sich die Briten jedoch auch weiterhin nicht einlassen. Waren es doch die vor allem aus Osteuropa stammenden Migranten, die die Mehrheit der Briten für den Brexit stimmen ließen.