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Das digitale Vergessen

Von Maja Christina Kalteis

Gastkommentare
Maja Christina Kalteis ist Maturaabsolventin in St. Pölten.
© privat

Sind wir zu bequem und feige geworden, um Beständiges zu schenken?


Briefe, Postkarten. Nur nette Worte auf Papier? Gesten, die per Post zu uns gelangen. Oder doch mehr? Sind die einen oder anderen E-Mails, die in Briefform liebevoll verfasst und gestaltet wurden, nun ebenso fast schon zu Relikten einer längst vergangenen Zeit zu zählen? Werden uns bald ausschließlich Text- und Sprachnachrichten begleiten? Nachrichten, die keine Handschrift, keine persönliche Note kennen. Wollen wir damit unnötig für Missverständnisse sorgen? Zeilen, die möglicherweise für jemand anderen bestimmt waren, erhalten? Zu uns gelangt durch ein Versehen. Überhastete, etwas unhöflich erscheinende Mitteilungen verschicken? Entstanden durch Vertippen, für das uns die automatische Rechtschreibkorrektur schonungslos bestraft hat.

Doch selbst, wer glaubt, keine dieser beinahe programmierten Fehler in sein System gelassen zu haben: Das Handy geht kaputt. Chats, Anruflisten verschwinden. Unterhaltungen - ausradiert, als hätten sie niemals stattgefunden. Alles auf Null. Immer und immer wieder.

Sollen wir wirklich Kommunikationsarten nutzen, die uns vergessen lassen? Die uns zurückwerfen? Die dabei helfen, einander wieder fremder zu werden? Oder würden uns doch jene, die mehr Zeit und Energie kosten, auf Dauer glücklicher machen? Sind sie den Aufwand vielleicht wert?

Das Strahlen und Funkeln in unseren Augen? Das Kribbeln in unseren Fingerspitzen? Das Beben unseres Herzens? Alles ausgelöst durch einen vertrauten Namen. Ein paar handgeschriebene Worten, die einen Briefumschlag zieren. Wollen wir vielleicht, dass die versandten Worte erhalten bleiben? Und ist es nicht schön, beim Aussortieren alter Sachen auf Botschaften unserer Liebsten zu stoßen? Auf Zeilen, von denen wir nicht mehr wussten, dass sie existieren? Wollen wir nicht an Momente erinnert werden, die uns bewegten, berührten und uns überwältigten? An Gefühle, die uns erfüllten, als wir gespannt Satz für Satz verschlangen, und an die Vorfreude beim Warten auf eine Antwort? An Passagen, von denen wir damals dachten, sie würden unvergesslich bleiben?

Wollen wir nicht mehr überraschen und überrascht werden? Oder sind wir einfach nur zu bequem und feige geworden, um Beständiges zu schenken? Verbundenheit sichtbar zu machen. Zu manifestieren. Auf Papier sichtbare Spuren der Wertschätzung zu hinterlassen.