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Das Imperium schlägt zurück

Von Heinz Högelsberger

Gastkommentare
Heinz Högelsberger war sowohl in der Umwelt- als auch in der Gewerkschaftsbewegung tätig und hat an einer Studie der Universität Wien über die Mobilitätswende mitgearbeitet.

Klimaschützern bläst zunehmend ein scharfer Wind entgegen.


Schon im Jahr 2005 gab es in Paris eine Gruppe namens "Les Dégonflés" ("die Entlüfter"), die in der Nacht bei SUVs die Luft aus den Reifen ließ. Sie demonstrierte damit gegen die Zumutung, die diese spritsaufenden und platzverbrauchenden "Stadtförsterautos" in Europas Metropolen darstellen. Seither hat sich in Österreich die Zahl der neuzugelassenen SUVs vervierfacht; jeder dritte Neuwagen ist solch ein Stadtpanzer. Interessanterweise ist der SUV-Anteil in Wien-Liesing doppelt so hoch wie im Tiroler Bezirk Reutte. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis auch hierzulande die Proteste gegen dieses Sinnbild für automobile Unvernunft zunehmen. Nun wurde bekannt, dass im Wiener Bezirk Döbling tatsächlich bei SUVs die Luft ausgelassen wurde. Was viele als liebenswerte Guerilla-Aktion wahrnehmen, die zur Nachahmung einlädt, sieht die Polizei anders: Obwohl es sich dabei nicht einmal um Sachbeschädigung handelt, informierte sie den Staatsschutz!

Klimaschützern bläst also zunehmend ein scharfer Wind entgegen. Solange sie brav und höflich mehr Umweltschutz forderten, wurden sie wohlwollend belächelt - und ignoriert. Die CO2-Emissionen blieben auf unverändert hohem Niveau. Diese negativen Erfahrungen führen fast zwangsläufig zu einer steigenden Radikalität, die aber kompromisslos bekämpft wird. Gegen Menschen, die sich aus Protest an Kunstwerke oder Straßen kleben, ermittelt die deutsche Polizei nun wegen Bildung einer "kriminelle Vereinigung". Das ist eine perverse Umkehrung von Schuld und Widerstand.

So steht in der österreichischen Verfassung ein Bekenntnis zum umfassenden Umweltschutz. Erst kürzlich haben in der Tageszeitung "Die Presse" die beiden Juristen Lando Kirchmair und Sebastian Krempelmeier schlüssig dargelegt, dass dieses Bekenntnis auch wirksame Klimaschutzmaßnahmen beinhaltet. Sie stellten - leicht provokant - die Frage in den Raum, ob das Festhalten an Tempo 130 auf Autobahnen nicht der Verfassung widersprechte. Schließlich gebe es ja verlässliche Daten, wie viele Tonnen an CO2durch eine Senkung der Höchstgeschwindigkeit eingespart werden könnten. Denkt man dies zu Ende, werden all jene, die konsequenten Klimaschutz bisher verhindert haben, zu Verfassungsbrechern. In diese Liste der "kriminellen Vereinigungen" müsste auf jeden Fall die Wirtschaftskammer aufgenommen werden, die auf allen Ebenen bremst und blockiert. Weiters die OMV, die unsere Abhängigkeit vom (russischen) Erdgas verschuldet hat. Die Familie Porsche/Piëch hat zugelassen und gut daran verdient, dass VW mit allen Mitteln (siehe Dieselbetrug) die Ära des Verbrennungsmotors verlängert hat. Nicht fehlen in dieser Aufzählung darf auch die ÖVP: Immerhin war diese Partei in allen Regierungen von 1987 bis 2019 durchgehend für Energie und Umweltschutz zuständig.