Auch wenn es Anzeichen dafür gibt, dass wir uns dem Höchststand der Leitzinsen nähern könnten - insbesondere in den USA -, scheint die EZB entschlossen zu sein, die Zinssätze im ersten Quartal dieses Jahres um 100 Basispunkte (also 1 Prozentpunkt) anzuheben, mit zwei aufeinanderfolgenden Zinserhöhungen um jeweils 50 Basispunkte im Februar und März. Der Markt rechnet erst später mit einer Verlangsamung der Zinserhöhungen, sodass der Zinssatz für die Einlagefazilität bis Ende des Jahres auf mehr als 3 Prozent steigen könnte.

Katharine Neiss ist Chief European Economist bei PGIM Fixed Income. - © PGIM
Katharine Neiss ist Chief European Economist bei PGIM Fixed Income. - © PGIM

Diese Einschätzung zeigt, dass die EZB bei der Zinserhöhung im vergangenen Jahr von allen Zentralbanken weltweit am langsamsten vorankam. Die unerwartet gute Wirtschaftsdynamik im Euroraum in diesem Winter rechtfertigt zusätzlich diese Einschätzung. Wenngleich die Gesamtinflation im Euroraum in den vergangenen Monaten gesunken ist, entwickelt sich die Kerninflation weiterhin entgegen diesem Trend.

Zwei Hauptrisiken könnten sich aus den sich verschärfenden finanziellen Rahmenbedingungen ergeben: Erstens waren die aktuellen Daten zwar besser als erwartet, doch sind die Fundamentaldaten im Zusammenhang mit der knappen globalen Energieversorgung und einer Eskalation des Ukraine-Kriegs noch nicht ausgestanden. Eine Fortsetzung der restriktiven Geldpolitik könnte die Wirtschaft in eine Rezession stürzen und womöglich Risiken für die Finanzstabilität in hoch verschuldeten Volkswirtschaften des Euroraums auslösen. Zweitens: Sollte sich die Dynamik im Euroraum tatsächlich weiterhin zum Positiven entwickeln, müssten die Zinsen womöglich deutlich stärker steigen, als es der Markt derzeit vorsieht.