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Wer zuerst lacht, hat verloren

Von Roman Szeliga

Gastkommentare

Warum Aggression keine Lösung ist und wir unsere Probleme nur mit Humor in den Griff bekommen.


Können Sie sich noch an Ihr erstes Lachen erinnern? Ich bin überzeugt davon, dass Ihnen die Welt zu Füßen gelegen ist. Sie waren in etwa zwei, drei Monate alt und haben die Menschen rund um sich mit Ihrem Lachen verzaubert. Und das mussten Sie nicht einmal lernen, Sie haben es einfach getan. Wichtiger ist die Frage, ob Sie wissen, wann Sie mit dem Lachen aufgehört haben. Kinder lachen etwa 400 Mal am Tag, Erwachsene nur noch 15 Mal - Tendenz fallend. Im Laufe der Jahre verschwindet das Lachen aus unseren Gesichtern und weicht dem Ernst des Lebens.

Heutzutage gibt es angesichts der weltweiten Krisen nicht viel zu lachen, werden Sie einwenden. Ist das so? Als Arzt finde ich das schade, denn lachen hält gesund. Als Arzt habe ich leicht lachen, könnten Sie einwenden. Ist das so? Wenn schon Sie nichts zu lachen haben, was sollen dann Menschen in Krisenregionen sagen? Und ich verspreche Ihnen, die lachen trotzdem. Ein Kind denkt nicht darüber nach, ob es sich ziemt zu lachen. Kinder fragen nicht nach der Gesamtsituation, bevor sie ihren Humor ausleben. Sie lachen einfach - mit einer Leichtigkeit, die wir in der Erwachsenenwelt zunehmend verlieren.

Lachen als Krisenmanager

Stellen Sie sich einmal vor, die politische Elite hätte sich zum Beginn der Corona-Pandemie hingestellt und uns mit Humor Mut gemacht, gemeinsam die kommenden Zeiten zu überstehen. Gerade in Wien, wo bekanntlich der Schmäh rennt, kam der humorige Ansatz mit der menschlichen Spritze viel zu spät. Begonnen hat man mit ernster Miene, Zwang und Angst. Ich meine nicht, dass man die Pandemie à la Villacher Fasching auslachen hätte sollen - auch, wenn es Menschen geben soll, denen jeder Schenkelklopfer recht ist. Und auch das ist in Ordnung. Humor ist, was gefällt.

Aber ich komme gerade etwas vom Thema ab. Zurück zu den "ernsten" Dingen des Lebens. Humor nimmt den Situationen die Bedrohung, Humor lockert auf, und ja, Humor regt unsere Kreativität an und bringt uns gemeinsam zu neuen Lösungsansätzen und Erfolgen. Aggression hingegen ist niemals eine gute Ratgeberin. Ich verstehe die Verzweiflung der "Letzten Generation" durchaus, und sie sollten keinesfalls die Letzten sein, die etwas zu lachen haben. Trotzdem sei dahingestellt, ob Blockaden und die damit erzeugte Aggression der richtige Weg sind.

Das sagt nicht nur der Humorforscher. Das sagen auch die Spiegelneuronen und die Geschichte. Spiegelneuronen - kennen Sie, oder? Die können ja bekanntlich Ihre besten Freundinnen und gleichzeitig Ihre schlimmsten Feinde sein. Je nachdem, was Sie damit anstellen. Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Ernsthafteste im ganzen Land? Oder Sie gestalten die körperlichen Ausdrucksmöglichkeiten wie Mimik, Haltung und Stimme bewusst anders, nämlich begeisternd, vielleicht sogar verschmitzt oder schelmisch mit einem freundlichen Gesichtsausdruck. Wenn Sie Offenheit und gute Laune signalisieren, schaffen Sie es in weniger als 30 Sekunden, bei Ihrem Gegenüber eine neuronale Resonanz zu erzeugen. Eine positive Resonanz wohlgemerkt.

Was pickt, das pickt

Zurück auf die Straße: Was wird gespiegelt, wenn junge Menschen gestressten Autofahrerinnen und Autofahrern im Frühverkehr gegenüberkleben? Gemeinsam lachen werden sie wohl eher nicht. Gemeinsame Lösungen sind in so einem aufgeladenen Szenario auch eher unwahrscheinlich. Und was ich als Arzt davon halte, sich Superkleber auf die nackte Haut zu schmieren, um damit eine Bindung mit dreckigem Asphalt einzugehen . . . aber das ist eine andere Geschichte.

Der Punkt ist: Anstatt aggressiv auf Probleme aufmerksam zu machen, empfiehlt sich der Humor. Ja, auch in einer scheinbar aussichtslosen Situation, in der die Position festgefahren und verzweifelt zu sein scheint. Die Festgefahrenen hinter den Lenkrädern spiegeln nämlich genau das, was von den Klebenden ausgesendet wird: Aggression, Unverständnis, Abwehr. In einer derart aufgeschaukelten Situation bleiben am Ende alle bei der Aggression picken. Die Klimakrise ist nichts zum Lachen, werden jetzt manche einwenden. Warum nicht, wenn das Lachen zu einer nachhaltigen Lösung führt?

Im Laufe des Lebens lernen wir, dass die ernste Miene das Synonym für Seriosität, Kompetenz und Verantwortungsbewusstsein ist. Was für ein Schwachsinn. Glauben Sie wirklich, dass gut gelaunte, fröhliche Menschen weniger kompetent sind? Wo geht es Ihrer Meinung nach lustiger zu? In der Kreation einer Werbeagentur oder in einer Steuerberatungskanzlei? Nichts gegen Steuerberaterinnen und Steuerberater, aber dieser Beruf hat nicht gerade den Ruf, der lockerste oder lustigste unter allen Karrieremöglichkeiten zu sein.

Anstatt zu lachen, schaffen wir es mit Bravour, unsere schlechte Laune zu kultivieren (ich meine uns alle, nicht die Steuerberater per se). Wir sind Weltmeister in der Widerspiegelung unserer eigenen Frustration. Und wenn wir damit nicht aufhören, werden wir am Ende nicht am Smog, sondern an unseren nie gelachten Lachern ersticken. Humor, Freundlichkeit und ehrliches Lachen verbinden Menschen aller Generationen, überbrücken Barrieren, entschärfen Konflikte, motivieren und begeistern. Nehmen wir uns ein Beispiel an den Kindern: Wer zuletzt lacht, hat gewonnen - mit dem Ziel, das alle Beteiligten sich vor lachen nicht mehr einkriegen.