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Ein Subventionswettlauf schadet dem Allgemeinwohl

Von Klaus Weyerstraß

Gastkommentare
Klaus Weyerstraß leitet am Institut für Höhere Studien die Forschungsgruppe "Energie, Umwelt und nachhaltige Wirtschaftsstrukturen" und ist Sprecher für Internationale Konjunktur und Außenwirtschaft.
© Norbert Wohlgemuth

Die Lockerung der Beihilferegeln läuft dem Grundgedanken des Europäischen Binnenmarkts zuwider.


Die USA, die EU und China überbieten einander momentan bei Subventionen für grüne Technologien. Allerdings steht dabei wohl eher der Schutz der heimischen Industrie als die Klimapolitik im Vordergrund.

Die USA unterstützen im Rahmen eines "Inflationsverringerungsgesetzes" ("Inflation Reduction Act") in den kommenden Jahren die Entwicklung grüner Technologien mit 369 Milliarden US-Dollar, wobei ein großer und im Zeitablauf steigender Anteil der Produktion und der Rohstoffe aus den USA oder aus Staaten, mit denen die USA Freihandelsabkommen haben, stammen muss.

Die US-Regierung rechtfertigt dieses Subventionsprogramm damit, dass die große Abhängigkeit von China bei diesen Technologien verringert werden soll. Tatsächlich wird dadurch ein Subventionswettlauf mit der EU in Gang gesetzt. So erwägt zum Beispiel das schwedische Unternehmen Northvolt, eine ursprünglich im deutschen Bundesland Schleswig-Holstein geplante Batteriefabrik nun in den USA anzusiedeln.

Als Antwort auf die US-Subventionen haben die EU-Staats- und Regierungschefs am 10. Februar beschlossen, das Beihilferecht zu lockern, um den EU-Mitgliedstaaten "gezielte, zeitlich begrenzte und verhältnismäßige" staatliche Subventionen für Unternehmen zu erlauben. Zudem sollen Genehmigungsverfahren beschleunigt und EU-Fördermittel flexibler eingesetzt werden. Welche Fördertöpfe gemeint sind, wurde nicht spezifiziert. Vor dem Beschluss Anfang Februar war darüber diskutiert worden, 350 Milliarden Euro aus dem Corona-Aufbaufonds und den Strukturfonds der EU umzuwidmen. Noch problematischer wäre die ebenfalls im Vorfeld des Gipfels diskutierte Ausweitung der gemeinsamen Verschuldung. Diese war zur Finanzierung des Corona-Aufbaufonds als Ausnahme eingeführt worden und sollte das auch tatsächlich bleiben.

Ein solcher Subventionswettlauf schadet dem Gemeinwohl. Wenn sich die Standortentscheidungen der Unternehmen hauptsächlich an einer Maximierung der staatlichen Unterstützung orientieren, dann führt dies zu Wohlstandsverlusten. Optimal wäre es, wenn die Unternehmen ihre Standorte nach den komparativen Kosten wählten - dazu zählen Lohn-, Transport- oder auch Umweltkosten. Das aber wird durch den Subventionswettlauf verzerrt. Darüber hinaus müssen die Subventionen aus dem Steueraufkommen finanziert werden, und die meisten Steuern verursachen Ineffizienzen.

Auch die nun beschlossene Lockerung der Beihilferegeln in der EU ist kritisch zu sehen. Diese läuft nämlich dem Grundgedanken des Europäischen Binnenmarkts zuwider und erlaubt finanzstarken Ländern, die Standortbedingungen zulasten finanzschwächerer Länder zu verbessern. Die strengen Subventionsregeln sollen aber gerade sicherstellen, dass innerhalb der Europäischen Union einheitliche Wettbewerbsbedingungen für reiche und arme Länder gegeben sind. Statt die heimische Produktion grüner Technologien finanziell zu fördern, sollten vor allem Genehmigungsverfahren vereinfacht werden.