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Die erste und die letzte Generation

Von Michael Soder

Gastkommentare
Michael Soder ist Ökonom in Wien und arbeitet zu Themen des grünen Strukturwandels und der und Industriepolitik. Er lehrt an der Wirtschaftsuniversität Wien und der FH Campus Wien.
© Daniel Schmelz

Kein Plan, kein Ziel und keine Richtung - so lautet leider die Zusammenfassung der österreichischen Klimaschutzstrategie.


"Wir sind die erste Generation, die die Folgen der Klimakrise spürt, und gleichzeitig die letzte Generation, die noch gegensteuern kann." So steht es schwarz auf weiß in der Präambel des türkis-grünen Regierungsprogramms. Doch der Weg von der Regierungsbank auf die Straße zur "Letzten Generation" ist offenbar ein viel zu weiter. Kipferl essen gegen das Klima, lautet die Devise. Auch nach zwei Jahren fehlen immer noch wichtige Gesetze im österreichischen Klimaschutz. Zum Beispiel ein tragfähiges Klimaschutzgesetz, um im Kampf gegen die Klimakrise endlich in die Gänge zu kommen.

Gegen die politische Klimaschutzmentalität des "Schau ma mal" wird nun geklagt. Zwölf Kinder und Jugendliche klagen, vertreten durch die Umweltanwältin Michaela Krömer, die österreichische Bundesregierung aufgrund von Untätigkeit. Schließlich fehlt ein effektives Klimaschutzgesetz nicht seit gestern, sondern schon seit dem Jahr 2011. Eigentlich ein interessanter Plot-Twist, dass auf das eher strukturkonservierende Recht gesetzt werden muss, um Fortschritt einzuleiten und die Zukunft zu bewahren.

Doch es mangelt an weit mehr als einem einzelnen Gesetz. Es braucht neben verbindlichen Zielen und Reduktionspfaden auch die Umsetzung konkreter Klimaschutzmaßnahmen. Nicht nur Bund, Länder und Gemeinden sind dabei gefordert, sondern auch die Wirtschaft muss endlich ins Tun kommen.

Eine erst kürzlich erschienene groß angelegte Studie hat gezeigt: Bisher tut sich nicht viel außer grünes Marketing. Das "Carbon Disclosure Project" hat 18.600 Unternehmen dazu befragt, wie sie mit der Klimakrise umgehen. Nur die Hälfte der europäischen Unternehmen gab dabei an, betriebliche Klimaziele zu haben, und weniger als 5 Prozent der Unternehmen setzen auch glaubwürdige Schritte, um ihre Klimaschutzziele zu erreichen.

Wie emotional die Debatten über einzelne konkrete Maßnahmen geführt werden, sieht man, wenn zum Beispiel ein neues Windrad gebaut werden soll, irgendwo laut über Tempolimits nachgedacht wird oder das eigene fossile Geschäftsmodell in Bedrängnis gerät. Es ist freilich absolut verständlich, dass Veränderung erst einmal Angst machen kann. Der große politische Irrtum besteht jedoch darin, dass alles so bleiben wird, wie es ist, wenn man Klimaschutz aktiv verhindert oder blockiert. Dieses politische Versprechen ist schlicht und einfach eine Lüge.

Denn es wird sich so oder so alles ändern. Weil es einfach keinen Planeten B gibt. Die Autorin Katharina Rogenhofer und der Physiker Florian Schlederer vom Klimavolksbegehren haben es trefflich formuliert: "Ändert sich nichts, ändert sich alles." Die Klimakrise kommt nicht, sie ist bereits hier und mischt die Karten gänzlich neu. Die Frage, wie wir als moderne, wissensbasierte Gesellschaft mit dieser Veränderung umgehen, wird darüber entscheiden, ob das Chaos in der Veränderung reagiert oder ob wir aktiv die notwendige Veränderung gestalten. Schließlich liegen in jeder Veränderung auch wirtschaftliche und gesellschaftlichen Chancen. Wir müssen Sie nur ergreifen.