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Die SVB-Pleite - ein schwerer Schlag auch für Europas Start-ups?

Von Berthold Baurek-Karlic

Gastkommentare
Berthold Baurek-Karlic ist CEO und Managing Partner des Wiener Venture-Capital- und Private-Equity-Spezialisten Venionaire Capital.
© Rene Wallentin

Die kollabierte Silicon Valley Bank war nicht systemrelevant für den Bankensektor, sehr wohl aber für den Innovationssektor.


Seit gut drei Jahren macht eine Verkettung von Krisen unserer Wirtschaft schwer zu schaffen. Auch der Start-up- beziehungsweise Venture-Capital-Markt ist gegen geopolitische und allgemeine wirtschaftliche Entwicklungen nicht immun. Historisch gesehen hatten Krisen allerdings auch ihre positiven Seiten und waren nicht selten Innovationstreiber - was die hohen Investmentrekorde und das relativ stabile Market-Sentiment (siehe auch den European Venture Sentiment Index) erklärt.

Was passiert nun, wenn das Herz der Innovationsbranche, die Silicon Valley Bank (SVB), ihres Zeichens die aktivste Start-up-Investmentbank der Welt, plötzlich aufgrund des steigenden Zinsumfelds und mangelhaften Managements selbst in Schieflage gerät? Ist diese Bank systemkritisch? Betrifft diese Bankenpleite auch österreichische Gründer und Investoren? War die SVB ein Einzelfall?

Nun, die SVB war tatsächlich, wie die US-Notenbank Fed, der Einlagensicherungsfonds Federal Deposit Insurance Corporation und das britische Finanzministerium festgestellt haben, jedenfalls nicht systemkritisch für den Bankensektor, sehr wohl aber für den Innovationssektor. Hunderttausende Jobs im Technologiesektor und Einlagen von mehr als 1.000 Venture Fonds standen plötzlich auf dem Spiel.

Banken scheinen generell aktuell mit einem besonders hohen Risiko behaftet zu sein. So hat diese Woche die Rating Agentur Moody’s den gesamten US-Bankensektor im kurzfristigen Rating von "stabil" auf "negativ" gestellt. Die Credit Default Swaps der Credit Suisse - ein wichtiger Indikator für das Ausfallsrisiko - schossen in die Höhe. Angesichts dieser Nachrichten fühlen wir uns sehr stark an das Jahr 2008 erinnert.

Der Bankensektor ist aufgrund hoher Sparvolumen, geringer Kreditvergaben, gepaart mit der geopolitischen Krise, einer generell krisenerschütterten Wirtschaft und gestiegenen Zinsen erneut in enormen Schwierigkeiten. Im Vergleich zur Bankenpleite der Lehman Brothers im Jahr 2008 muss man hier jedoch ganz klare Unterschiede sehen. Die SVB lag zwar gemessen an der Bilanzsumme auf Platz 16 aller US-Banken, jedoch bei weitem kleiner als Lehman Brothers. Ein auf die Technologiebranche spezialisierter Risikokapitalgeber mag für seine Nische systemrelevant sein, ist aber eher von geringer Bedeutung für das globale Finanzsystem.

Einer der wichtigsten Geldgeber für US-Start-ups

Ein globaler, branchenübergreifender Domino-Effekt, wie er 2008 zu beobachten war, wurde nicht von der SVB ausgelöst. Es sind eher die Notenbanken, die dem Sektor global zusetzen. Die Silicon Valley Bank galt als einer der wichtigsten Geldgeber für die Start-up-Szene in den USA. Doch auch deutsche und österreichische Start-ups sollen die SVB-Insolvenz spüren - weltweit ist von insgesamt mehreren zehntausend betroffenen Unternehmenskunden die Rede. Die Pleite der SVB könnte sich noch als schwerer Schlag für Europas Start-up-Ökosystem herausstellen, da nicht klar ist, was HSBC (der neue Eigentümer der SVB U.K.) mit der Bank machen wird.

Die US-Bank war sehr stark und wichtig in unserer Nische, die sonst niemand besetzen konnte oder wollte. Europäische Banken sind risikoscheu und deutlich zögerlicher, wenn es um die Kreditvergabe an Start-ups, speziellen an Technologieunternehmen, geht. Viel lieber finanzierten sie große Immobilienentwickler, was ihnen aber auch zum Verhängnis werden könnte. Erste Gerüchte, dass es der Raiffeisen Bank International, die offenbar unter anderem der Signa Holding milliardenschwere Kreditlinien gegeben haben soll, nicht gerade gut geht, machen am Wiener Finanzplatz bereits die Runde.

Der Innovationssektor war historisch gesehen in der Regel krisenresistenter als liquide Aktienmärkte - wenn auch nicht immun gegen Korrekturen - und wurde teilweise sogar durch eine Gründerwelle ausgehend von vielen Freisetzungen von Talenten beflügelt. Was es hierbei aber immer brauchte, war Risikokapital. In diesem Bereich hatte man zuletzt schon mit Finanzierungsengpässen zu kämpfen, durch den Verlust der SVB wird diese Situation noch zusätzlich verschärft. Es bleibt nun zu befürchten, dass dieser Zusammenbruch andere Banken noch mehr als bisher davon abhalten wird, Technologieunternehmen auf die gleiche Weise zu finanzieren.