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Nie wieder . . . und doch schon wieder!

Von Christian Felber

Gastkommentare
Christian Felber ist Buchautor ("Geld. Die neuen Spielregeln", Deuticke 2014) sowie Initiator der Gemeinwohl-Ökonomie und der Genossenschaft für Gemeinwohl, die mit dem Umweltcenter Gunskirchen in Österreich ein Gemeinwohlkonto anbietet.
© Bernd Hofmeister

Das Chaos ist auf den Finanzmärkten zurück.


Unmittelbar nach der globalen Finanzkrise 2008 verkündete die damalige deutsche Kanzlerin Angela Merkel, dass künftig "alle Finanzmärkte, Produkte und Akteure reguliert oder überwacht werden". Ende 2014 versprach sie, dass "Steuerzahler nie wieder dafür eintreten müssen, dass große Banken zusammenbrechen". 15 Jahre später wird in der zweitgrößten Bankeninsolvenz in der US-Geschichte die Silicon Valley Bank von der staatlichen Einlagensicherung übernommen, wenige Tage später verhindert die Schweizer Nationalbank den Totalkollaps des Flaggschiffs Credit Suisse - einer der 30 sogenannten globalen Systembanken. Das Chaos ist auf den Finanzmärkten zurück.

Die Frage, die im Raum steht, lautet, warum die Regulierungen nach der globalen Finanzkrise nicht gegriffen haben und eine Wiederholung der Geschichte nicht verhindern konnten. Die G20 und der Basler Ausschuss haben Eigenkapitalregeln beschlossen, die EU hat eine eigene Bankenunion mit drei Säulen aus dem Boden gestampft. 2015 zählte der Dortmunder Finanzprofessor Hermann Schulte-Mattler 34.019 Seiten an Regulierungen.

Die bittere Antwort könnte lauten: Es wurde quantitativ überreguliert, aber die entscheidenden Zügel wurden dabei nicht gestrafft. Was kann aus dem aktuellen Fall gelernt werden, und welche wirksamen Reformen könnten eine Endlos-Wiederholung der Geschichte verhindern?

Erstens braucht es eine Größengrenze für Banken. Die Schwelle könnte in einem ersten Schritt bei einer Bilanzsumme von 100 Milliarden Euro eingezogen werden. Besser, es gibt viele Banken, und jede einzelne kann in die Insolvenz gelassen werden. Dann gilt gleiches Recht für alle, und die Systemstabilität wird entscheidend erhöht. Die Einverleibung einer Bank mit einer Bilanzsumme von 535 Milliarden Euro (Credit Suisse) durch eine doppelt so große (UBS) geht genau in die falsche Richtung.

Zweitens müssen die Eigenkapitalanforderungen stark progressiv gestaltet werden. Die aktuellen Basel-III-Regeln sehen bloß 3 Prozent ungewichtete Kernkapitalquote vor, das ist nahezu ein Witz. Für die 30 global systemrelevanten Banken gelten zusätzlich zwischen 1 Prozent Kernkapital im untersten Korb (darin liegen Credit Suisse und UBS seit Jahren) und höchstens 3,5 Prozent im obersten Korb, der vielsagenderweise leer ist. Die renommierten Bankenexperten Anat Admati und Martin Hellwig sprechen von 20 bis 30 Prozent Eigenkapital, die früher durchaus üblich waren. Solche Anforderungen müssten zumindest für die größten Institute mit zum Beispiel 80 bis 100 Milliarden Euro Bilanzsumme gelten, darunter könnte es Abstufungen geben.

Drittens wäre eine Nachschusspflicht für die privaten Eigentümer taumelnder Banken ein wirksamer Sicherheitsanker - um öffentliche Gelder ein für alle Mal zu schonen. Ganz abgesehen von den 200 Milliarden Franken an Notkredit für Credit Suisse und UBS, die für wirklich systemrelevante Wirtschaftszweige nicht zur Verfügung stehen: Mit den 9 Milliarden Franken, die für Haftungen bereit stehen, könnten alternativ neun Start-up-Banken mit je 1 Milliarde Franken ausgestattet werden, die nachhaltige Projekte in der sozialen Kreislauf- und Gemeinwohl-Ökonomie finanzieren.