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Die schwierige Hilfe für den Jemen

Von Salah Hamwi

Gastkommentare
Salah Hamwi ist Stellvertretender Leiter der humanitären Arbeit von Care im Jemen und ehemaliger syrischer Profi-Basketballer.
© Care

Seit acht Jahren tobt im Jemen ein Krieg - mit katastrophalen Folgen für die Zivilbevölkerung.


Es ist etwas mehr als ein Jahrzehnt her, dass ich aus dem Profisport ausgestiegen bin. Aber ich kämpfe immer noch. Das Ziel hat sich allerdings verändert. Es geht nicht mehr ums Gewinnen auf dem Sportplatz. Jetzt kämpfe ich gegen den Hunger. Jetzt kämpfe ich gegen die Ungleichheit der Geschlechter. Jetzt kämpfe ich gegen Kälte. Jetzt kämpfe ich gegen Krankheiten. Jetzt kämpfe ich gegen die täglichen Herausforderungen, denen tausende Menschen im Jemen ausgesetzt sind, die von Konflikten, Vertreibung und Naturkatastrophen betroffen sind. Leider ist dieses wunderschöne, alte Land in die größte humanitäre Krise der Welt gestürzt. Tausende sind bereits umgekommen. Millionen Menschen wurden vertrieben.

Vertriebene im eigenen Land

Ich bin ein syrischer Flüchtling. Ich habe bei der internationalen Hilfsorganisation Care im Jahr 2015 in der Türkei begonnen. Mein erster Einsatz war die Hilfe für Menschen aus Syrien in der Türkei und im Libanon. Geboren und aufgewachsen bin ich in Aleppo, der zweitgrößten Stadt Syriens. Als Zehnjähriger war ich bereits 1,60 Meter groß. Ich begann mit Basketball und spielte etwa zehn Jahre lang professionell, national und international.

Was 2011 mit Unruhen in Syrien anfing, eskalierte zu einem bewaffneten Konflikt. Auch ich musste fliehen. Nach acht Jahren Tätigkeit in der Türkei bin ich nun im Jemen. Hier sind 23,4 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen. Mindestens 4,3 Millionen sind Vertriebene im eigenen Land. Ich fühle mich der Bevölkerung im Jemen sehr verbunden. Die Erfahrung meiner eigenen Vertreibung spornt mich jeden Tag an, Menschen in Not zu helfen. In den vergangenen Jahren konnte Care im Jemen jedes Jahr rund 3 Millionen Menschen unterstützen: mit Nahrung, Bildung für Kinder, Wasser und sanitären Einrichtungen sowie Gesundheitsdiensten. Im Vorjahr haben wir mehr als 1,6 Millionen Menschen (davon mehr als die Hälfte Frauen) mit Hilfe im Bereich Nahrungsmittel erreicht.

Frauen und Kinder leiden in jedem Konflikt am meisten. Der Jemen ist keine Ausnahme. 2 Millionen Kinder, die nicht zur Schule gehen, sind nun stärker gefährdet, sich bewaffneten Gruppen anzuschließen oder früh verheiratet zu werden. Care wirkt dem durch die Ausbildung von Lehrkräften, die Renovierung von Schulen und die Verteilung von Büchern entgegen. Heute haben 16,3 Millionen Menschen (die Hälfte der Bevölkerung) im Jemen kein sauberes Wasser. Care setzt auf die Sanierung beziehungsweise den Bau von Wasserinfrastruktur und Latrinen, die Lieferung von Wasser per Lkw und die Förderung von Hygiene- und Sanitärmaßnahmen. Im vergangenen Jahr hat Care mit Hilfe in diesem Bereich 836.578 Menschen erreicht.

Viel zu wenige Mittel

Es ist schockierend, dass hier im Jemen alle zwei Stunden eine Mutter und sechs Neugeborene sterben. Die Verbesserung der Gesundheitsversorgung ist von hoher Bedeutung. Care arbeitet an der Stärkung von Gesundheitssystemen. Wir unterstützen Gesundheitseinrichtungen und schulen medizinisches Personal. Trotz all unserer Bemühungen können wir nicht mehr Menschen im Jemen helfen. Wir sind ständig mit begrenzten Ressourcen konfrontiert. Auch für den internationalen "Humanitarian Response Plan" für den Jemen stehen nur 55 Prozent der erforderlichen Mittel zur Verfügung.

Wir fordern die Gebergemeinschaft auf, nachhaltig finanzielle Mittel für die größte Langzeitkrise der Welt bereitzustellen. Was wir brauchen, sind kurzfristige lebensrettende Maßnahmen sowie langfristige strategische Investitionen. Der Jemen braucht Ihre Aufmerksamkeit. Der Jemen braucht Ihr Mitgefühl. Der Jemen braucht Ihre Unterstützung. Über 23 Millionen Menschen in Not brauchen Sie.