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Ein Schutzschirm für fälschlich Beschuldigte

Von Hermann Greylinger

Gastkommentare
Hermann Greylinger ist Vorsitzender der Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen bei der Bundespolizei und stellvertretender Vorsitzender der Polizeigewerkschaft und des Zentralausschusses.
© fotografie.at / Holger Hoettl

Was bei der neuen Meldestelle für Polizeigewalt zu berücksichtigen ist.


Bis jetzt hat die Aufarbeitung von Anlassfällen gemäß den Bestimmungen der Strafprozessordnung nur ganz wenig Anlass zur Kritik gegeben. Jeder, der die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und der Kriminalpolizei als parteiisch oder ungenügend abgetan hat, bezichtigte diese - zumindest indirekt - des Amtsmissbrauchs, eigentlich unerhört. Übrigens: Der Ablauf des Verfahrens bleibt gleich, es ändert sich daran nichts, ob die angekündigte "Qualitätssteigerung" eintreten wird, wird sich zeigen. Im Rahmen der aktuell laufenden Begutachtung des Gesetzes ist es jedoch unumgänglich, sich mit der Situation der Betroffenen zu befassen.

Eines vorweg: Polizistinnen und Polizisten sind Hüter des Rechtsstaates, gerade deshalb müssen Menschenrechte und Unschuldsvermutung auch für sie uneingeschränkt gelten, auch Vorverurteilungen haben keinen Platz! Darüber hinaus ist vielen nicht bewusst, dass bei einer Beschwerde oder einem Misshandlungsvorwurf, egal ob nur behauptet oder mit möglicher Substanz, bei der internen Behandlung seitens der Dienstbehörde Maßnahmen je nach Schwere der Anschuldigung gesetzt werden, die unmittelbare Auswirkungen auf die beschuldigten Polizistinnen oder Polizisten haben. Dazu gehören zum Beispiel Versetzungen oder Dienstzuteilungen, die mit finanziellen Einbußen verbunden sind, die Einleitung eines Disziplinarverfahrens, während der Dauer Hemmnisse beim beruflichen Fortkommen, eine Blockade bei Ernennungen, eine Nichtteilnahme an internen Fortbildungsmaßnahmen, eine Suspendierung bei gekürzten Bezügen, ein Verlust pauschalierter Nebengebühren, nachhaltige, karrierebehindernde Vermerke im Personalakt oder Reputationsverlust innerhalb der Organisation, um nur einige zu nennen. Letztendlich kommt dann die Erkenntnis, dass alles korrekt abgelaufen ist und keine Dienstpflichtverletzung vorliegt. Aber was nützt es? Der Schaden ist angerichtet!

Deshalb muss dieses Gesetzesvorhaben zum Anlass genommen werden, um jene Hindernisse, die sich Kolleginnen und Kollegen während eines laufenden Verfahrens in den Weg stellen (Nichtzulassung zu Fortbildungskursen, Nichtberücksichtigung bei Planstellenbesetzungen, Ausschluss von der Gewährung der Weihnachtsbelohnung und dergleichen mehr), klar zu thematisieren und möglichst aus dem Weg zu räumen. Ganz wichtig sind dabei jene Betroffene, bei denen sich dann herausstellt, dass gegen sie unberechtigt Beschwerde eingebracht wurde, es beim Verfahren zu einer Einstellung oder am Ende eines Verfahrens zu einem Freispruch kommt. Nicht vergessen dürfen wir auch auf jene, bei denen eine Suspendierung zu Unrecht ausgesprochen wurde (Gerichtsurteil) oder sich im Verfahren herausstellt, dass die Suspendierung aufgrund falscher Tatsachen erfolgt ist. Nach jetziger Gesetzeslage erfolgt nämlich in diesen Fällen die Nachzahlung der einbehaltenen pauschalierten Nebengebühren nicht.

Der Dienstgeber bekommt nun wieder eine Chance, faire Rahmenbedingungen für jene zu schaffen, die voll Engagement den Kopf zum Wohle dieser Republik hinhalten. Er bekommt damit erneut die Chance, das Berufsbild Polizei attraktiver zu gestalten und mehr Bewerberinnen und Bewerber anzusprechen. Begleitend mit dem Wirksamwerden des Gesetzes muss die Umsetzung der geforderten Begleitmaßnahmen (Gesetzesänderungen, ministerielle Erlässe und ähnliches) - quasi als Schutzschirm - gewährleistet sein. Dann wird es auch die notwendige Akzeptanz der Kollegenschaft für diese Einrichtung geben.