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Wer rettet uns vor der Regierung?

Von Christian Ortner

Gastkommentare

Schnitzel-Gutscheine von heute sind die nicht errichtete Schule von morgen.


Es waren zwei Zahlenwerke, die jüngst publik wurden, unmittelbar nichts miteinander zu tun haben und trotzdem, wenn man sie nebeneinander legt, explosiv sind wie eine Lagerhalle voller Dynamit. Die eine Statistik, berechnet von der Agenda Austria, zeigt, dass Österreich in der EU jenes Land ist, das die meisten staatlichen Förderungen pro Kopf der Bevölkerung zahlt (Stand 2021, mit Ausnahme des wenig relevanten Luxemburg). Schüttete die Alpenrepublik pro Nase 3.800 Euro an diversen Subventionen, Transfers und Zuschüssen aus, waren es etwa in Schweden nur etwas mehr als 2.000 Euro.

Wenn es um Schnitzelgutscheine, Corona-Hilfen für Betriebe oder Helikoptergeld zum (vermeintlichen) Inflationsausgleich geht, sind wir also wirklich ausnahmsweise einmal Europameister. Etwas vor dieser Analyse und ganz unabhängig davon erschien die langfristige Budgetprognose der Bundesregierung. Daraus geht, öffentlich erstaunlich wenig erörtert, hervor, dass Österreichs Staatsschulden in den nächsten Jahrzehnten auf bemerkenswerte 120 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung anwachsen werden. Damit dürfte Österreich unter diesem Aspekt nicht mehr im Team Deutschland spielen, sondern eher in der Gruppe um Italien, Frankreich und andere Schuldenstaaten. Der Budgetdienst des Parlaments analysiert wie folgt: "Die wesentlichen Ursachen für diese Abweichungen liegen im zuletzt krisenbedingt deutlich angestiegenen Schuldenstand (und) im veränderten Zinsumfeld."

Und jetzt passen die beiden Analysen plötzlich ganz gut zusammen. Denn dass Österreichs Bevölkerung in ganz besonderem Ausmaß vom Staat dazu angehalten wird, an dessen Zitzen zu hängen und infantil zu saugen wie kaum in einem anderen Land Europas, wird dazu führen, dass unsere Kinder und Enkel in einem Staat aufwachsen und später leben müssen, der enorme Summen für Rückzahlungen und Zinsen wird ausgeben müssen. Und entsprechend weniger Geld für produktive Investitionen haben wird, die wiederum für jenes Wachstum notwendig sind, das die Schuldenlast lindern kann. Sprich: Der Schnitzel-Gutschein von heute ist die nicht errichtete Schule und das nicht ausgebaute Bahnnetz von morgen. Nachhaltige Politik sieht anders aus.

Das ist freilich nicht nur aus ökonomischen Gründen wenig wünschenswert. Vor allem erzeugt dieser permanente warme Geldregen auf alle, die sich nicht rechtzeitig auf einen Baum retten können, auf Dauer eine Mentalität der Staatsgläubigkeit, der Unselbständigkeit, der Leistungsaversion und ganz generell der minderen Produktivität. Dazu kommt, dass die Inflation dadurch noch befeuert wird - die Menschen wollen sie zwar nicht, aber sie wollen eine Politik, die Inflation zur Folge hat.

Gegen all das hilft nur eine Therapie: kalter Entzug. Und Politiker, die sich das auch trauen. Es wird also nicht ganz einfach, ist aber letztlich alternativlos. Das Budget 2023 weist Zinszahlungen von knapp 9 Milliarden Euro aus - eine schlanke Verdoppelung gegenüber dem Vorjahr. Und das ist erst der Anfang. Früher oder später wird das Zudecken aller Probleme mit Gutscheinen, Transferzahlungen und Subventionen ein Ende haben müssen, ob es uns passt oder nicht.